Fehler an Photovoltaikanlagen effektiv suchen

Schon des Öfteren habe ich hier im Blog über modernste Methoden zur Fehlersuche an PV-Anlagen berichtet, wie Outdoor Elektrolumineszenz, Rückstromthermographie oder Kennlinienmessungen. Diese Methoden sind allesamt mit Messequipment verbunden, dass nicht gerade preisgünstig zu erstehen ist und dessen Bedienung eine gewisse Erfahrung erfordert. Es stellt sich daher immer die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, nach jedem kleinen Fehler mit solch aufwendigen Methoden zu suchen. Die Antwort lautet aus meiner Sicht nein. Ähnlich wie man es vom Arzt gewohnt ist, sollte man auch bei der Untersuchung einer Photovoltaikanlage zunächst mit einer einfachen Voruntersuchung beginnen. Erst wenn sich ein Verdacht für einen Fehler ergibt, sollte man die auffälligen Modulstränge gezielt untersuchen.

Nicht alles was spektakulär ist, ist auch effektiv.
Es ist zwar spektakulär mit Drohnen über Solardächer zu fliegen, mit teuren Thermographiekameras über ein Dach zu gehen oder gar nachts eine Outdoor Elektrolumineszenzaufnahme einzelner Modulstränge zu machen. Die meisten Fehler findet man allerdings mit einer ganz unspektakulären, einfachen und auch preiswert durchführbaren Methode. Der Messung der Leerlaufspannungen der einzelnen Modulstränge. Man sollte sich dabei jedoch eine Regel zu Herzen nehmen. Bei der Photovoltaik sollte man nie mit einem Messgerät losziehen. Es müssen “immer” zwei – möglichst gleiche – Messgeräte sein. Warum das so ist, möchte ich nachfolgend kurz erläutern.

Warum man immer zwei gleiche Messgeräte braucht!

Vergleich der Leerlaufspannungen

Jede Messung einer größeren Anlage mit vielen Modulsträngen, sei es nach VDE 0126-23 mit einem Messgerät vom Typ Benning PV-1 (zur zeitgleichen Messung der Leerlaufspannung, des Kurzschlussstromes und des Isolationswiderstandes) oder einem einfachen Multimeter erfordert eine gewisse Zeit, während der die solare Einstrahlung in der Regel etwas schwankt. Das lässt sich selbst dann nicht 100%ig ausschließen, wenn man einen sehr sonnigen Tag für die Untersuchung der Anlage aussucht. Wenn man viele Anlagen zu betreuen hat, kann man unmöglich nur solche Termine für die Anlagenwartung einplanen, an denen die Sonne von einem komplett wolkenlosen Himmel scheint. In der Realität muss es auch möglich sein bei schlechterem Wetter zu arbeiten und trotzdem brauchbare Messergebnisse zu erzielen. Die erste Maßnahme, die oft ergriffen wird, um die schwankende Einstrahlung zu berücksichtigen, ist die gleichzeitige Messung der Einstrahlung und der Leerlaufspannung bzw. des Kurzschlussstromes eines Solargenerators. Das ist zwar ein probates Mittel, erfordert aber eine sehr genaue Messung der Einstrahlung und zwar im selben Neigungswinkel und in der exakt selben Ausrichtung, die auch die Module aufweisen. Als Ergebnis erhält man dann einen Einstrahlungswert und eine Leerlaufspannung. Was kann man mit diesem Wertepaar Vorort, während der Messung anfangen ? Ich würde mal mit leicht provokativem Unterton behaupten “Nichts”. Das stimmt natürlich nicht so ganz, da es selbstverständlich einen Zusammenhang zwischen der Einstrahlung und der Leerlaufspannung eines Solargeneratorstranges gibt. Der Zusammenhang ist allerdings logarithmisch und die Leerlaufspannung des Solargenerators hängt zusätzlich noch von der Temperatur ab. Man kann bei der Fehlersuche daher keineswegs auf den ersten Blick erkennen, ob eine gemessene Leerlaufspannung von sagen wir 620V bei einer Einstrahlung von z.B. 720W/m² nun in Ordnung ist oder ob sich hier bereits ein Fehler andeutet. Ich behaupte daher, dass es Sinn macht den Einstrahlungsfühler zu Hause zu lassen und statt dessen bei der Fehlersuche ein zweites, exakt gleiches Messgerät dabei zu haben. Im einfachen Fall ist das ein zweites Multimeter. Wir haben bei unseren Anlagenchecks immer ein zweites Benning PV-1 dabei. Bei der Grunduntersuchung wird dann eines der beiden Geräte an den Modulstrang 1 des zu untersuchenden Solargenerators angeschlossen. Mit dem Zweiten gehen wir von Strang zu Strang und messen immer gleichzeitig den Referenzstrang und alle anderen Stränge der Anlage. Voraussetzung für diese Methode ist es natürlich, dass alle Module in die gleiche Richtung ausgerichtet sind. Bei größeren Freilandanlagen wird immer an jedem Generatoranschlusskasten jeweils der erste Strang als Referenz verwendet und alle anderen Stränge gegen diesen gemessen.

Was bringt diese Übung ?
Das Bild unten zeigt exemplarisch wie stark die Spannung des Referenzstranges an einer Anlage mit ca. 1MWp während der Messung geschwankt hat. Diese Spannungsschwankungen, bedingt durch die Einstrahlungsschwankungen und die Veränderung der Modultemperatur, sind viel größer, als die Fehler nach denen man eigentlich sucht. Bei der gleichzeitigen Messung von exakt gleichen Modulsträngen, unter exakt gleichen Temperatur- und Einstrahlungsbedingungen, sollten im Idealfall auch exakt gleiche Messergebnisse zu erzielen sein. Natürlich haben die Module eine Fertigungstoleranz und man wird nie 100% exakt gleiche Resultate erzielen. Wenn an den beiden gleichzeitig gemessenen Strängen keine Fehler vorliegen, sind die Messwerte allerdings erstaunlich dicht beisammen und die Einstrahlungsschwankungen werden dadurch eliminiert, dass man sich nicht auf die absoluten Werte, sondern lediglich auf die Differenz zum Referenzstrang konzentriert.  Es kommt bei gut laufenden Anlagen äußerst selten vor, dass die Leerlaufspannungen um mehr als 1% voneinander abweichen. Auch die Kurzschlussströme liegen bei exakt gleicher Ausrichtung meist innerhalb einer Toleranz von weniger als 100mA. Misst man hingegen einen Spannungsunterschied zwischen zwei exakt gleichen Modulsträngen, der in der Größenordnung von 11-13 V liegt, kann man ziemlich sicher sein, dass hier eine Auffälligkeit vorliegt, der es sich nachzugehen lohnt.

Spannungsschwankungen Referenzstrang

Bei ungleichen Stranglängen in einer Anlage sieht man die Probleme leider nicht auf den ersten Blick.  Hier muss man nach erfolgter Messung die Spannungen noch auf die Stranglänge des Referenzstranges umrechnen. Ist diese Auswertung erfolgt, sucht man gezielt nach den auffälligen Modulsträngen, die man dann mit anderen etwas aufwändigeren Methoden näher untersuchen sollte.
In sehr vielen Praxisfällen kommt man mit dieser Strategie mit einem minimalen Aufwand bereits sehr vielen Fehlern zielsicher und vor allem schnell auf die Spur.
Wenn man zum Beispiel auffällige Modulstränge ausgemacht hat, bei denen die Leerlaufspannung deutlich niedriger ist, als am Referenzstrang kommen verschiedene Fehler in Frage. Oft sind es ganz banale Dinge, wie einzelne Module, die nicht ordentlich in den Strang verschaltet wurden. Manchmal aber auf defekte Bypassdioden, die bei einem Überspannungsereignis einen Schaden erlitten haben und nun ein Drittel des betroffenen Modules kurzschließen.
Erst jetzt, nach erfolgter Voruntersuchung geht es an die Detailarbeit mit den etwas aufwendigeren Methoden. An einem sonnigen Tag, kann man z.B. die auffälligen Modulstränge thermographieren. Kurzgeschlossene Bypassdioden zeigen dann das typische Schachbrettmuster, das ich bereits in einem anderen Blogartikel ausführlich beschrieben habe. Nicht angeschlossene Module würden auf einem Thermogramm am Tage etwas wärmer (ca. 2-3Kelvin) erscheinen, als Module die normal im MPP (Maximum Power Point) betrieben werden. Wenn das Wetter nicht so gut ist, kann man mit Hilfe des pvServe die Solarmodule rückwärts bestromen. Auch mit dieser Methode, der Rückstromthermographie, kann man durch die künstlich hergestellten Temperaturunterschiede auf den Modulglasscheiben die oben genannten Fehler (nicht angeschlossene Module und defekte Bypassdioden) finden.  Erst wenn sich auch mit diesen Methoden keine Auffälligkeiten an den untersuchten Strängen zeigen, sollte man einen Nachttermin vereinbaren und die Anlage mit der Outdoor-Elektrolumineszenzmethode unter die Lupe nehmen.

Messungen gegen einen Referenzstrang
Das Bild zeigt die Messwerte im Verhältnis zum Referenzstrang. Die auffälligen Stränge wurden markiert.

Kommentare

  1. Bericht hat mir gut gefallen und war sehr informativ. Gewonnenes Wissen werde ich in täglicher Überwachungspraxis verwenden. Thema Isolationswiderstand ist etwas kurz gekommen. Gruß Klees

  2. Ich betreibe eine PV-Anlage mit CIS-Modulen von Würth-Solar aus dem Jahre 2011. Ist bei der Fehlersuche die prinzipelle Vorgehensweise die gleiche wie bei Si-Modulen? Sind dabei auch Bypass-Dioden verbaut oder wurde aufgrund der unterschiedkichen Geometrie der Einzelzellen darauf verzichtet?
    Für eine Antwort bzw. einen weiterführenden Link wäre ich seh dankbar.
    Gruß, Harald

    1. Hallo Herr Sickmüller,
      Soweit ich es weiß hat jedes Modul nur eine Bypassdiode. Bei CIS Modulen von Würth würde ich als Erstes mal nach dem sogenannten PID Effekt Ausschau halten. Man findet den am besten mit der Elektrolumineszenzmethode heraus. Ganz einfach geht es allerdings auch mit einem Multimeter. Einfach mal die Leerlaufspannungen eines Moduls am negativen und eines Moduls am positiven Strangende bei gleicher Einstrahlung vergleichen. Wenn die Leerlaufspannung am negativen Strangende deutlich niedriger ist, ist die Anlage vom PID Effekt betroffen.

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