Fehlerhafte Lötkontakte an fabrikneuen Photovoltaikmodulen

Ich hatte genau vor einem Jahr über einen vermeintlichen Serienfehler im Zusammenhang mit offenen Bypassdiodenstrecken an fabrikneuen Photovoltaikmodulen berichtet.  Damals war der Artikel noch mit einem Fragezeichen versehen, das man mittlerweile getrost weglassen kann. Die neusten Erkenntnisse zu diesem Thema versuche ich in diesem Artikel hier mal zusammenzufassen.

Serienfehler an fabrikneuen Solarmodulen

Es handelt sich um einen Serienfehler, der an nagelneuen Solarmodulen mit kristallinen Halbzellen auftritt. Die Module sind mittlerweile fast ausschließlich in der sogenannten Butterfly Architektur aufgebaut. Bei diesem Moduldesign gibt es insgesamt 6 Substrings, bei denen immer jeweils 2 Substrings über eine Bypassdiode parallel geschaltet werden. Die unterschiedlichen Modulgrößen und Modulleistungen unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass die Anzahl der Zellzeilen variiert wird (es gibt 9, 10,11 und 12 Zellzeilen pro Substring) und dass man die Zellgrößen variiert.

Das Bild zeigt die sogenannte Butterfly-Architektur von Solarmodulen.
Das Bild zeigt die sogenannte Butterfly-Architektur von Solarmodulen.

Die Modularchitektur mit 3 Bypassdioden, die in jeweils einer Moduldose untergebracht sind, ist hingegen bei allen Varianten gleich.
Bei jedem Modul gibt es insgesamt 6 Lötfahnen, die von der Modulvorderseite durch das Laminat nach hinten geführt werden und dort in der Moduldose angelötet werden. Bei diesem automatisch ablaufenden Prozess kommt es offenbar immer wieder zu Problemen, sowohl beim Umknicken der Lötfahnen, als auch beim anschließenden Verlöten der Anschlussfahnen mit einem Lötstempel.

Das Bild zeigt die geöffnete Moduldose eines Solarmoduls, bei dem die Anschlussfahnen zur Bypassdiode weder umgeknickt, noch verlötet wurden. Dieses Bild beweißt, dass der Modulhersteller die Funktion der Bypassdiode offenbar nicht überprüft.
Das Bild zeigt die geöffnete Moduldose eines Solarmoduls, bei dem die Anschlussfahnen zur Bypassdiode weder umgeknickt, noch verlötet wurden. Dieses Bild beweist, dass der Modulhersteller die Funktion der Bypassdiode offenbar nicht überprüft.
Das Bild zeigt die beiden Lötfahnen von der Modulvorderseite aus gesehen.
Das Bild zeigt die beiden Lötfahnen von der Modulvorderseite aus gesehen.

Bei einem unserer pvInbetriebnahmeChecks hatten wir ein Modul mit einer offenen Bypassdiode gefunden, das uns der Installateur dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hatte. Nach dem Öffnen der Anschlussdose, die die Bypassdiode enthält, schauten mir die Lötfahnen aus der Vergussmasse entgegen. Die Lötfahnen waren also ganz offensichtlich nicht korrekt umgeknickt und verlötet worden. Die wichtigere Erkenntnis, die aus diesem Beispiel hervorgeht ist, dass der Modulhersteller ganz offenbar am Ende seiner Produktionslinie keinen Prüfprozess implementiert hat, der diese Bypassdiodenstrecken auf Durchgang überprüft. Wir haben bisher Fälle dieser Art bei 6 verschiedenen Modulherstellern gefunden darunter auch 2 sogenannte “Bloomberg Tier 1 Manufacturers”.  Nicht bei allen Fällen tritt der Fehler schon nach dem Öffnen der Dose in Erscheinung. Manchmal muss man auch zuerst die Vergussmasse freikratzen, um festzustellen, dass die Lötung nicht korrekt durchgeführt wurde und es dadurch zu einer Unterbrechung der Verbindung gekommen ist.

Das Bild zeigt eine Modulanschlussdose in der man nach dem Entfernen der Vergussmasse die fehlerhefte Lötstelle sehen konnte.
Das Bild zeigt eine Modulanschlussdose, in der man nach dem Entfernen der Vergussmasse die fehlerhefte Lötstelle sehen konnte.

Es werden Probleme an allen 6 Lötverbindungen gefunden und je nachdem welche der Verbindungen nicht korrekt verlötet wurde, tritt der Fehler in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Während die Punkte 1 und 6 jeweils zu nicht kontaktierten offenen Substrings führen (es handelt sich dabei immer um die äußeren Substrings, links oder rechts am Modul) führen Fehler an den Punkten 2-5 zu offenen, nicht kontaktierten Bypassdiodenstrecken.

Das Bild zeigt alle 6 Stellen, an denen eine Lötverbindung fehlerhaft sein kann. An Stelle 1 und 6 führt der Fehler zu einem offenen Substring, an den Stellen 2-5 führt der Fehler zu einer offenen Bypassdiodenstrecke
Das Bild zeigt alle 6 Stellen, an denen eine Lötverbindung fehlerhaft sein kann. An Stelle 1 und 6 führt der Fehler zu einem offenen Substring, an den Stellen 2-5 führt der Fehler zu einer offenen Bypassdiodenstrecke.

Der Fehler mit den offenen Bypassdioden tritt zunächst nicht in Erscheinung

Da die Bypassdioden im unverschatteten Normalbetrieb eines Solarmoduls arbeitslos sind, fällt das Problem im normalen Betrieb zunächst nicht auf. Die Bypassdiode wird ja erst dann aktiv, wenn ein Schatten auf das betroffene Modul fällt oder eine Zelle so stark verschmutzt ist, dass der Wechselrichter sich entscheidet, beim MPP-Tracking die Spannung herunterzuziehen und die Bypassdiode zu aktivieren. Wenn dann die Bypassdiode fehlt, kann sie nicht aktiviert werden und der Strom wird in Sperrichtung durch die Solarzellen gedrückt. Die dafür benötigte Spannung kann bei neueren Solarzellen über 25V/Zelle betragen. Das führt, je nach Modulstrom, zu einer erheblichen Verlustleistung in der Zelle und früher oder später zur Zerstörung der Rückseitenfolie und zur Zerstörung des Moduls.

Das Bild zeigt ein Solarmodul mit einer offenen Bypassdiodenstrecke am mittleren Substring.
Das Bild zeigt ein Solarmodul mit einer offenen Bypassdiodenstrecke am mittleren Substring.
Das Bild zeigt ein kollabiertes Glas-Folienmodul im Feld (Quelle: Ingo Klute)
Das Bild zeigt ein kollabiertes Glas-Folienmodul im Feld (Quelle: Ingo Klute)

Wie findet man diese Fehler ?

Während man die offenen Substrings, die sich immer im Leerlauf befinden, sehr leicht mit der Thermografiemethode finden kann, sind die offenen Bypassdioden nur dadurch zu identifizieren, dass man gezielt einen Strom in diese Bypassdiodenstrecken einspeist. Wie man das Nachts z.B. mit dem pvServe machen kann, habe ich hier im Blog schon mehrmals ausführlich beschrieben.

Das Bild zeigt eine Thermografieaufnahme, die 3 offene (unterbrochene) Substrings zeigt, die im Leerlauf sind.
Das Bild zeigt eine Thermografieaufnahme, die 3 offene (unterbrochene) Substrings zeigt, die im Leerlauf sind. (Quelle : pvServicePro – Michael Häusler)

Eine Methode offene Bypassdioden auch tagsüber finden zu können, habe ich neulich mal erfolgreich getestet und möchte sie hier noch kurz beschreiben.

Offene Bypassdiodenstrecken tagsüber finden

In einem Modulstrang den man kurzschließt, treibt immer der Substring mit dem höchsten Kurzschlussstrom den Kurzschlussstrom des gesamten Stranges. Bei allen anderen Substrings fließt ein Teil des Stromes durch die dann aktiven Bypassdioden. Diesen Sachverhalt kann man sich zunutze machen, indem man in den Modulstrang ein Netzteil einfügt, dass man mit den Solarmodulen in Reihe schaltet. Das Netzteil muss ebenfalls über eine Bypassdiode verfügen und muss einen Strom treiben können, der größer ist als der Kurzschlussstrom des Modulstranges. Die Spannung des Netzteils muss dabei in der Lage sein, alle Bypassdioden des Modulstranges zu überwinden, das heißt ca. 1,2V/Modul oder, bei zum Beispiel 22 Modulen in Serie ca. 27V. Ich habe genau das mal an unserer PV-Anlage hier auf dem Dach des pvBueros ausprobiert und es hat prima funktioniert. Im nachfolgenden Video wurde der Versuch ausführlich beschrieben.

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Wie oft tritt der Fehler auf ?

Wir finden den Serienfehler bei größeren Anlagen mit mehreren tausend Solarmodulen im Promillebereich, dass heißt bei 2000 Modulen finden wir 1-2 betroffene Module. Das klingt zunächst nicht viel, aber gemessen an den in den letzten Jahren verbauten Modulmengen muss man damit rechnen dass tausende solcher Module verbaut wurden. Bei den offenen Substrings führt das zunächst nur zu einer Leistungsreduktion und ist nicht weiter dramatisch. Bei den offenen Bypassdioden sind das im Prinzip tickende Brandquellen, die jederzeit zu einem Brand an einer solchen Anlage führen können.

Fazit

Es handelt sich um ein Problem, dass wir als Branche nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen. Jeder Brandfall ist einer zu viel und wir sollten versuchen, dieses Problem, durch die systematische Untersuchung der PV-Anlagen so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Ich hoffe sehr, dass dieser Artikel dazu einen kleinen Beitrag leisten kann.

Danke

Mein Dank gilt den Kollegen von pvServicePro (Michael Häusler),  von pvExperts.co (Ingo Klute) und Prof. Konrad Mertens für das Überlassen von Bildmaterial, sowie Daniel Schreiber von Schreiber.Solar für die Unterstützung bei der Videobearbeitung und pvControl (Remy Wedig) für die Unterstützung beim Messen. Ohne die vielen Rückmeldungen – aus unserem PV-Experten-Netzwerk und den vielen Teilnehmern unserer Seminare  – wären diese Artikel hier im Blog nicht möglich.

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