Ich hatte vor einigen Jahren hier im Blog bereits beschrieben, wie man offene Bypassdiodenstrecken an Photovoltaikmodulen finden kann. Aus aktuellem Anlass möchte ich die Beschreibung und die Diagnose dieses Fehler einmal wieder hervorholen.

Nach einem Überspannungsschaden an einer PV-Anlage sind Bypassdioden meistens kurzgeschlossen. Bei den Fällen, die ich bisher untersucht habe, waren bei schweren Blitzereignissen die meisten Bypassdioden in den Modulsträngen kurzgeschlossen. Hin und wieder hat man auch mal eine offene Bypassdiodenstrecke gefunden, also den Zustand, als wäre keine Bypassdiode eingebaut. Das kam in der Vergangenheit allerdings nur äußerst selten mal vor.
Offenbar ein neuer Serienfehler
Im letzten Jahr häuften sich dann allerdings plötzlich die Fälle, bei denen an Photovoltaikmodulen immer mal eine Bypassdiodenstrecke offen war. Wir haben an 6 nagelneuen PV-Anlagen immerhin 10 offene Bypassdiodenstrecken gefunden. Bei einer Anlage waren es sogar mal gleich 3 offene Diodenstrecken. Da wir bei unseren pvInbetriebnahmeprüfungen immer alle Dunkelkennlinien messen und dann routinemäßig auch die Bypassdiodenstrecken überprüfen, ist uns das aufgefallen.

Als ich das Thema in unserem Sachverständigen-Arbeitskreis angesprochen habe, kam direkt eine Rückmeldung von zwei weiteren Kollegen, die das Problem ebenfalls bereits beobachtet hatten. Es wurde von Fällen mit offenen Bypassdiodenstrecken aber auch von Fällen mit offenen Substrings, bei nagelneuen Solarmodulen berichtet. Bei näherer Untersuchung einiger Fälle stellte sich heraus, dass es offenbar Hersteller gab, die den Lötprozess der Bypassdioden, bei den modernen Modulen mit Halfcutzellen, noch nicht zu 100% automatisiert hatten, bzw. die den Lötprozess noch nicht so im Griff hatten, dass eine sichere Verbindung zu den Bypassdioden gewährleistet war. Ganz offenbar wurde dann bei der Endkontrolle der fertigen Solarmodule die Funktion der Bypassdioden nicht mehr überprüft. Beim den normalen Flashtests wird ja nur die Leistung der Module bestimmt und bei diesen Tests sind die Bypassdioden nicht in Aktion. Eine offene Bypassdiodenstrecke fällt bei einem Flashtest daher nicht auf.

Brandgefahr durch offene Bypassdiodenstrecken
Wie bei den Flashtests, so werden auch im Betrieb offene Bypassdiodenstrecken zunächst nicht bemerkt. Die wichtigste Funktion der Bypassdioden ist der Schutz der Solarzellen vor Überhitzung und diese Überhitzung findet insbesondere dann statt, wenn die Solarzellen verschattet oder verschmutzt sind (siehe hier). Wird nun ein Solarmodul mit einer offenen Bypassdiodenstrecke ausgerechnet dort in einer Anlage eingebaut, wo es regelmäßig zu Teilverschattungen kommt oder wird ausgerechnet so ein Modul mit einem dicken Schmutzfleck versehen, so kann es zu extremer Erhitzung der Zelle führen und wie wir mittlerweile wissen, auch die Rückseitenfolie entzünden. Das Bild unten zeigt genau so einen Fall.

Es ist daher zu empfehlen bei der Inbetriebnahme von Neuanlagen alle Bypassdioden einmal durchzuchecken. Dazu wird mit einem externen Netzteil, bei Dunkelheit ein Strom durch die Bypassdiodenstrecken gedrückt. Wenn alle Bypassdioden in Ordnung sind braucht man dazu ca. 0,4V/Diode. Bei 3 Dioden pro Modul kommt man damit bei z.B. 22 Modulen in Serie auf 66 Bypassdioden oder 66*0,4 = 26,4V. Benötigt man deutlich mehr Spannung, muss davon ausgegangen werden, dass mindestens eine Bypassdiode defekt ist. Wenn die Bypassdiode fehlt kann der Strom nur noch durch den Substring in Sperrichtung der Solarzellen(dioden) fließen. Da die modernen Halfcutzellen erst bei ca. 20V elektrisch durchbrechen, braucht man demnach für einen Substring mit 20 Zellen ca. 400V, um einen kleinen Strom zu treiben.

Das defekte Modul finden
Das defekte Modul mit der fehlenden Bypassdiode findet man am einfachsten, indem man den oben beschriebenen Strom mit hoher Spannung durch die Solarzellen in Sperrichtung treibt. Das ist für die Zellen zwar sehr ungesund, erwärmt diese allerdings sehr schnell sehr stark, so dass man die Stelle mit der defekten Bypassdiode einfach, mit Hilfe einer Thermographiekamera oder wie hier mit einer Thermographie-Drohne, finden kann.

Hat man die gennannten Hilfsmittel (Netzteil mit mindestens 400Vdc und Thermographiekamera) nicht zur Hand, bleibt nur die Möglichkeit den Modulstrang kurzzuschließen und den Kurzschlusstrom zu messen. Dann muss man Substring für Substring mit einem Stück Pappe abdecken, bis der Kurzschlussstrom plötzlich komplett einbricht. Dann hat man das defekte Modul mit der offenen Bypassdiodenstrecke gefunden.
Es wäre interessant zu erfahren, ob es sich um ein seltenes oder um ein neues Serienproblem handelt. Nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion, wenn Sie auch entsprechende Fehler gefunden haben und teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns.