Was eine Solargeneratorkennlinie ist hatte ich bereits in einem anderen Artikel in unserem Blog einmal detailliert beschrieben. Hier möchte ich zeigen warum es sinnvoll ist bei einer Photovoltaikanlage hin und wieder die Kennlinien der einzelnen Modulstränge zu messen um ein etwaiges Problem der Anlage frühzeitig zu erkennen. Außerdem wird beschrieben wie die Kennlinienmessung funktioniert und welche Fehler oder Beeinträchtigungen des Solargenerators man damit entdecken kann.
Wenn möglicherweise nach einigen Betriebsjahren plötzlich die Stromerträge einer Photovoltaikanlage immer geringer werden und man den Verdacht hat es könne sich womöglich um einen technischen Defekt handeln muss man als erstes versuchen die tatsächliche Leistung der Anlage zu überprüfen. Nun ist die erzeugte elektrische Leistung der Solarstromanlage aber sehr stark von der Sonneneinstrahlung, der Temperatur und der Zusammensetzung der Strahlung (Rotanteil,Blauanteil…) abhängig. Ein Momentanwert der eingespeisten Leistung, z.B. durch den Blick auf die Anzeige des Wechselrichters sagt noch nichts über die Qualität des Solargenerators aus. Man muss zusätzlich die aktuelle Einstrahlung, die aktuelle Modultemperatur und die spektrale Empfindlichkeit der eingesetzten Solarzellen kennen um eine belastbare Aussage machen zu können. Außerdem ist es ja auch möglich, dass der Wechselrichter unzureichend arbeitet, so dass man in einer sinnvollen Analyse die Komponenten (Solargenerator und Wechselrichter) getrennt betrachten muss. Zur Untersuchung eines Solargenerators verwendet man sogenannte Kennlinienmessgeräte. Diese Geräte bestehen in der Regel aus zwei Baugruppen. Der eine Teil wird auf dem Dach in unmittelbarer Nähe des Solargenerators angebracht und misst dort die Einstrahlung und die Temperatur. Die Einstrahlung wird mit einem Sensor gemessen, der nach Möglichkeit die gleiche Charakteristik haben sollte wie die vermessenen Solarmodule, so dass auch die spektral unterschiedliche Empfindlichkeit verschiedener Zellen berücksichtigt wird. Der zweite Teil des Messgerätes wird dort angeschlossen wo normalerweise der Wechselrichter angeschlossen ist. Dieses Gerät entnimmt nun dem Solargenerator gezielt elektrische Energie und durchläuft dabei jeden Arbeitspunkt der Strom-Spannungskennlinie eines Solargenerators. Auf diese Weise wird festgestellt welche Maximalleistung der Solargenerator zum Messzeitpunkt gerade liefern könnte. Außerdem gibt die Kurvenform einer Kennlinie Auskunft über die Qualität des Generators. Da man nun gleichzeitig die Einstrahlung, die Temperatur und die elektrische Leistung des Solargeneratorstranges (bei mehreren Modulsträngen muss jeder Strang einzeln gemessen werden) kennt, kann man einen Rückschluss auf die Leistung der Module unter Standard Testbedingungen ziehen. Das ist genau die Leistung, die auf dem Typenschild der Module steht und die in Wp gemessen wird.
Ich möchte aber an dieser Stelle gleich vorausschicken, dass diese Bestimmung der Wp Leistung noch mit einigen Ungenauigkeiten behaftet ist. Wenn man eine Fehlerrechnung macht geht natürlich in die Gesamtfehlerbetrachtung sowohl der Fehler bei der Messung der Einstrahlung, als auch der Fehler der Temperaturmessung und schließlich noch der Fehler der Leistungsmessung der Solarmodule ein, die wiederum aus einer Strom und einer Spannungsmessung besteht. Man sollte sich daher keine zu großen Illusionen über die “absolute” Genauigkeit des so erzielten Messwertes machen. Einen Anhaltspunkt erhält man allerdings schon. Was man dagegen mit guter Genauigkeit machen kann sind vergleichende Messungen. Bei mehreren Modulsträngen, die unter exakt gleichen Bedingungen vermessen werden, kann man zielgenau den mit der schlechtesten und den mit der besten Leistung identifizieren. Wenn man einen Solargenerator regelmäßig mit der gleichen Methode (und daher auch mit dem gleichen Messfehler) vermißt kann man sehr schön sehen ob sich bereits eine Leistungsminderung eingestellt hat. Es ist empfehlenswert, bei neuen Solarstromanlagen nach einigen Monaten Betriebszeit eine Kennlinienmessung durchzuführen. (Jeder Solargenerator hat ganz zu Beginn eine sogenannte Anfangsdegradation, deshalb sollte man nicht die nagelneue Anlage vermessen) Wenn man später diese Messung wiederholt kann man sehr schnell erkennen ob es eine Veränderung gegeben hat und wie stark diese ausgefallen ist.
Wir konnten bei unseren zahlreichen Messungen schon viele Fehler und Beeinträchtigungen von Solargeneratoren lokalisieren. (Teilverschattungen, Glasbruch am Modul, starke Verschmutzung, defekte Bypassdioden, schlechte Füllfaktoren…) Die Ergebnisse unserer Messungen und die verschiedenen charakteristischen Kennlinienverläufe werden wir immer mal wieder hier in unserem Blog in einzelnen Artikeln zu speziellen Themenschwerpunkten veröffentlichen.
Was ist zu beachten ?
Kennlinienmessungen können grundsätzlich nur bei ausreichender Einstrahlung gemacht werden. Um eine brauchbare Umrechnung auf STC Bedingungen durchführen zu können ist laut DIN EN 60904-1 eine Mindestsonneneinstrahlung von 800W/m² erforderlich. Das ist allerdings in der Praxis selten zu erreichen. Die charakteristischen Kennlinienformen kann man jedoch auch bei Einstrahlungen ab 300W/m² bereits ausreichend gut erkennen. Die Messungen sollten allerdings an Tagen mit sehr stabiler gleichmäßiger Einstrahlung stattfinden. Es wird daher in der Regel vorwiegend im Sommerhalbjahr gemessen. Wir führen eine Warteliste von Kunden, die unsere unabhängige Kennlinienmessung gerne durchführen lassen möchten, so dass die sonnigen Tage des Jahres möglichst optimal für diese Zwecke ausgenutzt werden können.
Hallo Herr Diehl,
könnten Sie bitte eine Kennlinie bei der alles in Ordnung ist mit einer vergleichen, die fehlerbehaftet ist und erläutern, woran man das genau erkennen kann?
Ich werde demnächst eine Kennlinienmessung durchführen lassen und möchte selbst erkennen können, welche OK und welche nicht OK sind.
Danke für die informativen Seiten, die Sie zur Verfügung stellen.
Jochen Erlenmeyer
Hallo Herr Erlernmeyer,
ich nutze die Kennlinienmessung mittlerweile nicht mehr zur Fehlersuche, sondern ausschließlich zur Bewertung von Fehlern. An der Kurvenform der Kennlinie die Fehlerursache zu deuten ist ein wenig Kaffesatzleserei. Wenn man eine Anlage mit der Outdoor-Elektrolumineszenz Methode untersucht, kann man sehr viel besser Fehler erkennen und genau die Module in einem Strang identifizieren, die für die Auffälligkeit verantwortlich sind. Die Kennlinienmessung dient dann lediglich noch dazu einen “guten” Strang mit einem fehlerhaften Strang zu vergleichen um die Leistungseinbuße zu quantifizieren.
Viele Grüße Matthias Diehl