Was sich ein Gutachter von modernen Solarwechselrichtern wünscht

Leonie Blume vom SMA Social Media Team wurde über unseren PVKnowHow Blog auf uns aufmerksam und hat mich gebeten doch einmal einen Artikel für den SMA Blog zu schreiben. Einer Bitte, der ich natürlich gerne nachkomme, um auf diesem Wege auch mal ein paar Botschaften in Richtung des größten Wechselrichterherstellers zu senden, die mich in meiner täglichen Arbeit als Gutachter betreffen.

Die Hauptaufgabe eines netzgekoppelten Wechselrichters besteht darin, den Solarstrom möglichst effizient ins Stromnetz einzuspeisen. Das ist klar. In der Vergangenheit hat der Wechselrichter allerdings immer mehr Aufgaben übernommen und ist inzwischen zum Herzstück einer jeden Photovoltaikanlage geworden. Sei es die Erfindung immer besserer Regelalgorythmen für das MPP Tracking (das Auffinden des Punktes der maximalen Leistung auf einer Solargeneratorkennlinie), sei es eine immer größere Flexibilität bei der Beschaltung mit Solarmodulen, sei es Sicherheitstechnik in Form von elektronischen DC Sicherungen oder der Überwachung des Stromnetzes auf alle möglichen Parameter. Dies alles sind Dinge, die zum einen den Anlagenbetreiber, aber natürlich auch den Netzbetreiber und die Installateure interessieren. Aber wie steht es eigentlich um den Gutachter oder – allgemeiner gesprochen – um denjenigen, der gezielt Fehler oder Unregelmäßigkeiten in Photovoltaikanlagen aufspüren will ? Hier gibt es noch einige Dinge, bei denen sicherlich auch der Wechselrichter wieder eine zentrale Rolle spielen könnte. Ein Schritt in Richtung Fehlersuche und rechtzeitige Fehlererkennung sind natürlich die Datenlogger und die Ertragsportale, die in dieser Hinsicht schon sehr gute Dienste leisten. Wenn man neben den eingespeisten Energien auch noch Tagesverläufe von den Leistungen und sogar die Gleichspannungen der einzelnen Stränge aufzeichnet, kann man bereits per Ferndiagnose viele Fehler zielsicher ausfindig machen. Ich habe in unserem Blog bereits in mehreren Artikeln solche Fehlerbilder, die man aus der Ferne sehen kann, beschrieben. Das ist natürlich für SMA nichts Neues und wird ja auch schon seit Jahren in den entsprechenden Systemen angeboten und ständig verfeinert und erweitert.

Für denjenigen, der die besonders kniffligen Fehler ausfindig machen will, bleiben dennoch zahlreiche Rätsel zu lösen, die mit den klassischen Methoden der Anlagenüberwachung nicht mit letzter Sicherheit zu klären sind. Wenn es sich z.B. herausstellt, dass ein einzelner Modulstrang einer größeren Anlage schlechter performt, gilt es herauszufinden, warum er schlechter ist als die Anderen. Außerdem stellt sich oft die Frage, um wie viel schlechter er performt, sprich ob er noch die vom Modulhersteller versprochene STC Leistung erbringt oder ob er bereits als Fall von Leistungsgarantie bewertet werden muss. Eine wichtige Frage, die es in diesem Zusammenhang zu klären gilt, ist daher auch die, ob in dem betroffenen Strang alle Module betroffen sind, oder ob es sich um einzelne Module handelt und wenn es nur einzelne sind, wie man diese möglichst schnell und ohne großen Aufwand finden kann.

Der natürliche Feind des Photovoltaikgutachters ist das Wetter.
Im Labor und in der Fabrik kann man die Solarmodule unter definierten “Standard Test Bedingungen” auf ihre Leistungsfähigkeit überprüfen. Doch wie ist es in der fertig installierten Anlage ? Dort kann man eine definierte Messung nur mit relativ großem Aufwand und mit wesentlich größeren Messunsicherheiten betreiben. Man muss die Einstrahlung messen, die Modultemperatur und dann eben die Kennlinie des betroffenen Modulstranges. Bevor man nicht eine gleichmäßige Einstrahlung von mindestens 800W/m² auf die geneigte Modulfläche antrifft, braucht man mit dieser Messung gar nicht erst zu beginnen, da sonst die Umrechnung der Leistungsdaten auf STC Bedingungen zu ungenau wird. Das bedeutet in der Praxis: Es muss ein loser Termin mit dem Kunden ausgemacht werden, der oft – je nach Wetterbedingungen – immer mal wieder verschoben werden muss. Vor Ort muss dann jeder einzelne Strang vom Wechselrichter oder dem Gleichstromanschlusskasten abgeklemmt werden, um die Kennlinienmessung durchzuführen. Ein Aufwand, der insbesondere bei Großanlagen so hoch ist, dass er in der Praxis oft nicht durchgeführt wird, weil es für den Betreiber einfach zu teuer wird.

Wie könnte der Wechselrichter dem Gutachter behilflich sein ?
Hier ist der erste Punkt, wo ein intelligenter Wechselrichter dem Gutachter, bzw. dem Betriebsführer der Anlage dienstbar zur Seite stehen könnte. Im Rahmen der neuen Systemstabilitätsverordnung muss jeder Wechselrichter dazu in der Lage sein, die Leistung eines Solargenerators innerhalb eines kurzen Zeitraums von “Voller Leistung” auf Null zu reduzieren. Während auf der Netzseite dabei einfach der Strom reduziert wird, durchläuft auf der anderen Seite des Wechselrichters der Solargenerator seine Kennlinie von der MPP Spannung Umpp hin zur Leerlaufspannung U0. Der Wechselrichter macht also quasi in diesem Moment das Gleiche, was auch ein Kennlinienmessgerät tut. Daher mein Wunsch an die Hersteller der Wechselrichter: Stellen Sie einen Modus bereit, in dem man gezielt einen Kennliniendurchlauf von Udcmin – U0 initiieren kann. Während dieses Durchlaufs, könnte der Wechselrichter die Strom und Spannungswerte – am Besten noch nach Modulsträngen getrennt – aufzeichnen und die fertige Kennlinie über die üblichen Kommunikationswege bereitstellen. Damit hätte man dann schon mal das mühsame Abklemmen der einzelnen Modulstränge gespart und könnte ganz ohne Kennlinienmessgerät Generatorkennlinien messen.
Noch viel besser würde die Sache allerdings dadurch, wenn man diesen Prozess automatisieren könnte… Wer weiß es besser, wann an einem bestimmten Anlagenstandort gerade einmal optimale Einstrahlungsbedingungen vorherrschen, als der Wechselrichter ? Wenn man dem Wechselrichter zum Beispiel sagen könnte, er möge doch am schönsten Sonnentag im Mai und am schönsten Tag im August mal jeweils von jedem Modulstrang eine Kennlinie aufzeichnen, wäre das für die langfristige Überwachung der Anlage und für das gezielte Auffinden von Fehlern ein großer Fortschritt und mit nur minimalem Ertragsverlust verbunden. Und wir müssten nicht länger Termine, für die wir hunderte Kilometer zum Kunden gefahren sind abbrechen, weil gerade eine Schlechtwetterfront hereingezogen ist und die kleinste Wolke bereits das Ergebnis verfälschen kann.

Rückstromthermographie und Outdoor Elektrolumineszenz
Mit der Kennlinienmessung kann man herausfinden, ob ein Modulstrang gut schlecht oder mittelmäßig performt. Das ist die eine Seite der Medaille. Wie kann man nun aber noch herausfinden welche der Module im Strang ein Problem verursachen ? Hier ist die Thermographie und die Elektrolumineszenz das Mittel zum Erfolg und auch hier gilt wieder: “Das Wetter muss passen” Der Anhang zur VDE 0126-23 gibt an, dass man für eine repräsentative Infrarotthermographiemessung mindestens eine Einstrahlung von 400W/m² besser noch eine Einstrahlung von 600W/m² haben sollte. Wenn nämlich kaum Strom durch die Solarzellen fließt, wird man auch eine, durch einen Übergangswiderstand verursachte lokale Erwärmung, nicht aufspüren können. Auch hier gilt also wieder das gleiche Dilemma wie bei der Kennlinienmessung.

Rueckstromthermographie eines Solarmoduls mit defekter BypassdiodeIch habe mich dieser Problematik schon seit einigen Jahren gewidmet und bin zu dem Schluss gekommen, dass eines der Hauptziele sein muss, all diese Untersuchungsmethoden wetterunabhängiger zu machen. Sprich: Ich muss jederzeit dazu in der Lage sein, bestimmte Fehler zu finden. Nur dann kann diese Dienstleistung entsprechend preiswert werden und nur dann werden diese Methoden auch in vielen Anlagen angewandt. Wir haben daher mit einem befreundeten Ingenieurbüro zusammen den pvServe konzipiert. Ein einfaches Netzteil, dass allerdings speziell auf die Bedürfnisse der PV Branche zugeschnitten ist. Es kann eine DC Spannung von 1000V liefern, es kann bis zu 5 A liefern, es kann an jeder 230V Steckdose betrieben werden und – ganz wichtig- es kann mit einem Gewicht von nur 18,5kg in jeden Keller und auf jeden Dachboden geschleppt werden. Mit diesem Gerät machen wir uns unabhängig von der Sonneneinstrahlung und können sogar nachts Photovoltaikanlagen thermographieren und gezielt sogenannte Hotspots aufspüren. Neben der Thermographie, kann man mit rückwärts bestromten Solarmodulen auch noch Outdoor Elektrolumineszenzmessungen machen. Man nutzt dabei den Effekt, dass Solarzellen wie LEDs anfangen zu leuchten, wenn man einen Strom durch sie hindurch schickt. Die Strahlung ist allerdings nicht sichtbar, da sie im Infrarotbereich liegt. Diese Untersuchungsmethoden funktionieren hervorragend, es gibt nur einen kleinen Wermutstropfen: Man muss jeden Strang vom Wechselrichter abklemmen, um ihn gezielt rückwärts zu bestromen. Hier wäre es natürlich fantastisch, wenn man den Wechselrichter einfach in einen Servicemode versetzen könnte, um gezielt einzelne Stränge mit einem definierten Rückstrom zu beschicken. Das würde unsere Untersuchungsmethode weiter vereinfachen und bestimmt auch zu einer noch größeren Verbreitung beitragen.

Die Outdoor Elektrolumineszenz bietet die detailreichsten Bilder zur Untersuchung von Solargeneratoren

Man kann also sehen, dass trotz all der vielen Dinge, die in den letzten Jahren in die Wechselrichterentwicklung eingeflossen sind, immer wieder neue Wünsche und Anforderungen auftauchen. Es bleibt zu hoffen, dass die Wechselrichterhersteller in Deutschland auch in Zukunft ihre Innovationskraft bewahren und durch ein offenes Ohr für die Bedürfnisse ihrer Kunden, ihre Stellung am Weltmarkt halten können. Ich bin sehr gespannt, wann es wohl den ersten Wechselrichter geben wird, der die ein oder andere der oben beschriebenen Funktionen zur Verfügung stellt.

Kommentare

  1. Da wir beim Wunschkonzert sind und ich ähnliche Anforderungen habe, hier zwei Ergänzungen. EIne technische “nice to have” und eine generelle Vermutungsbemerkung zur “Firmenpolitik und Serviceunterstützung” der Wechselrichterhersteller.
    Technisch wünsche ich mir bei jedem Wechselrichter einen zeitlichen Log-Ringspeicher, der etwa für 2 Monate die gemessenen Isolationswiderstandswerte der DC-Seite über die Zeit archiviert und im Bedarfsfall darauf einen Zugriff (Display bzw. Schnittstelle) erlaubt.
    Die Alterung an den Bestandsanlagen wird zukünftig häufiger solche Fehler an der Verkabelung und den Stecksystemen provozieren und es wäre auch für den Betreiber hilfreich Instandsetzungsamaßnahmen einplanen zu können, bevor ein Ausfall stattgefunden hat.

    Mein persönlich gewonnener Eindruck zu Diagnoseunterstützung der Hersteller von Wechselrichtern ist sehr gemischt. Es scheint mir, dass man einerseits nicht die Betreiber vorzeitig beunruhigen möchte und deshalb solche technisch möglichen Lösungen bewusst nicht implementiert. Auch scheint man den kommeriellen Aspekt zu bedenken, dass die Hersteller der Spezialmessgeräte noch ein “sicheres” Stückchen des Kuchens abbekommen. Dabei wäre die erforderliche Messtechnik mit der durchaus befriediegende Qualität bereits im Wechselrichter vorhanden und für die Reglung des Wechselrichters (Primärfunktion) ohnehin erforderlich. Ich halte es für einen fairer Kompromiss, wenn diese quantitative Auswertung der Anlagenverfügbarkeit und der Stringgüte irgendwie doch erreichbar wären und nur im Bedarfsfall auch zur Anwendung und Auswertung kämen.
    Ich verstehe schon, dass sich mögliche Konflikte auttun, wenn nun solche Diagnosefunktionen plötzlich signifikant einzele Hersteller weiterer Produkte (Kabel, Steckverbinder oder Module), die mit dem Wechselrichter verbunden sind, herauskristallisieren sollten. Deshalb würde ich diese doch fach- und sachgerecht abzuwägenen Informationen nicht unreflektiert dem Betreiber offenbaren wollen. Zusätzlich bekommt man bei einigen Störmeldungsklassifizierugen auch den Eindruck, dass eine Irreführung der (“unwissenden”) Servicekräfte bewusst in Kauf genommen wird. Unwissend, weil die entsprechenden Schulungen oder Insider-Erfahrungen spezieller Fehlerkonstellationen unbekannt sind und die direkte textuelle Erklärung eines Fehler-Codes manchmal an den falschen Stellen zur Überprüfung führt. Ich will betonen, dass dies ein nicht belegbarer Verdacht ist, weil es natürlich auch an der Unlust des Firmwareprogrammieres liegen kann jeden isolierten Fehlerzustand ausreichend verständlich zu dokumentieren.
    Jedoch wenn mal eine Störung vorliegt oder sich ankündigt, dann sollten die Fachleute, die dies verhindern oder möglichst kurzfristig instandsetzen, eine verwertbare zusätzliche Informationsquelle nutzen können.
    Auch Funktionen, die ggf. Richtung Netzqualität gehen könnten (AC-Spannungsgang, Frequenz, Impedanz) wären in dieser Diagnoseumgebung vorstellbar.
    Warum es besser ist dies am Wechselrichter zum machen hat Herr Diehl schon gut beschrieben. Auch die Stecker der Strings sind nicht beliebig häufig zu ziehen und wieder zu verbinden. Einerseits die Gefahr der Strombelastung, die man versucht zu vermeiden und anderseits einfach aufgrund der Dichtigkeit und des Kontaktabriebs. Die Mirkokontaktflächen und Materialen im Steckersystem sind für wenige Steckvorgänge gedacht und nicht wie ein Schalter zu sehen.

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