Wenn man an einer Photovoltaikanlage die Leerlaufspannung an sämtlichen Modulsträngen misst, sollte diese Messung immer mit zwei Messgeräten erfolgen und man sollte jeden Strang immer mit einem Referenzstrang vergleichen. Wenn man dann Spannungsunterschiede von mehr als 7 -8V feststellt, deutet dies oft bereits auf einen Fehler hin. Ich hatte das in diesem Artikel hier im Blog bereits einmal detailliert beschrieben. In diesem Artikel möchte ich nun noch einmal etwas intensiver auf die verschiedenen Fehler eingehen, die zu so einer Spannungsdifferenz führen und wie man sie unterscheiden kann.
Um die typischen Fehler zu verstehen, bei denen immer 1/3, 2/3 oder die Spannung eines ganzen Modules fehlen, muss man sich zunächst noch einmal den prinzipiellen Aufbau eines Solarmoduls klarmachen. Wie hier im Bild zu sehen, sind die meisten heute am Markt verfügbaren kristallinen Solarmodule aus 6 Zellspalten aufgebaut. Bei Modulen mit einer Zellkantenlänge von 5” (12,7cm) werden in der Regel 72 Zellen pro Modul verschaltet, so dass sich eine Anordnung von 6 Spalten mit jeweils 12 Zeilen ergibt. Die Maße dieser Module liegen immer bei 0,8×1,65m. Bei Modulen mit Zellen die eine Kantenlänge von 6” (15,24cm) haben ergibt sich ein typisches Modulmaß von 0,99×1,66m. Diese Module haben dann 60 Zellen mit 6 Zellspalten und 10 Zellzeilen. Damit bei einer Teilverschattung nicht das gesamte Modul lahmgelegt wird, schaltet man jeweils über ein Drittel eines Modules eine Bypassdiode, das heißt im Fall einer Verschattung kann die Bypassdiode leitend werden und die Modulspannung sinkt in diesem Fall um 1/3. Ich habe hier im Blog bereits zahlreiche Artikel zu diesem Thema verfasst. Hier die Artikel zur Teilverschattung und hier ein Link zu allen Artikeln, die sich um die Bypassdioden drehen. Hier nochmal der typische Aufbau eines Solarmoduls:
Wenn ein Modul ein Drittel weniger Leerlaufspannung liefert, dann bedeutet das bei Modulen mit 60 Zellen eine Differenz von ca. 11V und bei 72 Zellern eine Differenz von ca. 13 V zwischen Strängen die in Ordnung sind und solchen, die ein Problem haben. Man sollte allerdings bedenken, dass die Leerlaufspannungen temperaturabhängig sind und die Spannungen bei hohen Temperaturen etwas kleiner und bei niedrigen Temperaturen etwas höher sind. Als Daumenwert sind die beiden oben genannten Werte allerdings gut zu gebrauchen und wer es ganz genau wissen will, muss eben ins Datenblatt schauen, die Temperatur messen und dann mit dem entsprechenden Temperaturkoeffizient ausrechnen wie hoch die Spannung eines Drittel-Moduls genau ist.
Das Bild zeigt den typischen Fall einer kurzgeschlossenen Bypassdiode (die mittlere Diode ist kurzgeschlossen). Zu erkennen sind die betroffenen Module auf verschiedene Weise. Bei der Thermographie sieht man das typische Muster, dass bei einem Drittel des Moduls einzelne Zellen deutlich wärmer sind als andere.
Untersucht man den gleichen Defekt mit der Methode der Rückstromthermographie, so sieht man dort wo die Diode defekt ist ein Drittel des Moduls um etwa 2-4K kühler als die anderen Module des rückwärts bestromten Stranges. Da die Diode einen Kurzschluss macht, fließt der Strom an der defekten Diode nicht über die Zellen und diese können sich in Folge dessen auch nicht erwärmen. Bei der Methode der Outdoor-Elektrolumineszenz zeigt sich der Fehler auf ähnliche Weise, nämlich dadurch, dass an der Stelle, an der sich die defekte Diode befindet keine IR Emission der überbrückten Solarzellen mehr stattfindet. In der hier gezeigten EL Aufnahme ist die rechte Bypassdiode des betroffenen Moduls kurzgeschlossen.
Woran kann es noch liegen, dass die Spannung fehlt ?
Nun gibt es aber ein zweites Fehlerbild, bei dem auch die Leerlaufspannung des betroffenen Modulstranges um die typischen 11V bzw. 13V zu niedrig ist, bei dem aber keine der Bypassdioden defekt ist, sondern es stattdessen eine Unterbrechung zwischen der Modulanschlussdose und den Solarzellen gibt. In diesem Fall fließt der Strom immer über die Bypassdiode, weil der Weg durch die Solarzellen an einer Stelle unterbrochen ist. Das nachfolgende Schaubild soll veranschaulichen, was damit gemeint ist.
Diesen Fehler kann man bei guter Einstrahlung sehr einfach mit der Thermographiemethode erkennen. Auf dem Thermogramm ist dann jeweils 1/3 , 2/3 oder das ganze Modul deutlich wärmer als die Module ohne Fehler. Außerdem kann man eine leicht erhöhte Temperatur der Modulanschlussdosen erkennen, da der gesamte Strom nicht mehr durch die Solarzellen, sondern an der jeweiligen Stelle mit dem Defekt, durch die Bypassdioden fließt. Um das Bild zu verstehen, sollte man sich nochmal vergegenwärtigen, dass Solarzellen, die sich im Leerlauf befinden um ca 2-3K wärmer sind als Zellen, die im MPP betrieben werden. Das erklärt sich dadurch, dass im Leerlauf die gesamte Sonnenenergie, die nicht vom Modul reflektiert wird im Modul in Wärme umgesetzt wird, während beim Betrieb im MPP ein Teil der Energie in Form von elektrischer Energie aus dem Modul abgezogen wird. Es wird also – für einige Leser mag das paradox erscheinen – eine Kühlung dadurch herbeigeführt, dass ein Strom fließt. Im Unterschied zur kurzgeschlossenen Bypassdiode sieht man bei diesem Fehler nicht das typische Bild dass einige Zellen deutlich wärmer sind als andere, wie es im Thermogramm oben zu sehen ist. Bei diesem Fehler sind alle Zellen im betroffenen Bereich gleich warm und die Moduldose erscheint signifikant wärmer als die Umgebung.
Mit der Rückstrommethode kann man diesen Fehler nicht ohne weiteres finden, da der Weg durch die Zellen unterbrochen ist und die Bypassdioden den Strom in Rückwärtsrichtung sperren. Man kann bestenfalls die Bypassdiode opfern und die Spannung soweit erhöhen, dass diese im Durchbruch betrieben wird. Dann hat man zwar die Bypassdiode zerstört aber man hat dafür das defekte Modul gefunden und kann es auswechseln. Wenn als Bypassdioden keine Schottkydioden (mit einer Sperrspannung von 50V) sondern Si-Dioden mit einer hohen Sperrspannung eingebaut wurden, kann die Spannung dafür allerdings im ungünstigsten Fall zu hoch sein.
Fazit: Wenn man auffällige Modulstränge gefunden hat, die etwa 11-13V weniger Leerlaufspannung aufweisen als die übrigen Stränge, so kann dies unterschiedliche Ursachen haben. Im einfachsten Fall handelt es sich um kurzgeschlossene Bypassdioden, die man im Idealfall, wenn die Anschlussdose nicht vergossen wurde, auch reparieren kann. Schlechter sieht es aus, wenn es sich um einen Fehler handelt, bei dem irgendwo im Laminat des Moduls ein Verbinderbändchen unterbrochen ist und dadurch ein Teil des Moduls keinen Strom mehr liefern kann. Hier können nur Fachfirmen helfen, die das Laminat aufschneiden, die Verbindung wieder herzustellen und anschließend eine Reparaturfolie darüber laminieren können. In den meisten Fällen, werden solche Module allerdings ausgetauscht.
Vielen Dank, für diesen aufschlussreichen Artikel!
Man findet nur selten so hilfreiche Erläuterungen zu diesem Thema, weshalb ich mich gerne mit meinem Problem an Sie wenden würde, auch wenn es sich in diesem Fall “nur” um ein einzelnes Panel auf einem Wohnmobil handelt.
Hier sind 32 Zellen mit zwei Bypass-Dioden verbaut, Leerlaufspannung laut Datenblatt 23,4V. Dann wurde nicht mehr geladen und ich messe nur noch ca. 10V Leerlaufspannung. Daher bin ich von einer defekten Diode ausgegangen. Jetzt habe ich aber immer wieder nachgemessen und manchmal wieder eine Leerlaufspannung 21V (eine Regelmäßigkeit konnte ich schwer feststellen, ich habe aber den Eindruck bei sehr niedrigem Sonnenstand, also bei geringem Stromfluss) gemessen. Dann aber wieder plötzlich 10V oder sogar 0V. Sind solche Effekte bei den Bypass-Dioden bekannt? Schlagen die Dioden trotz defekt eventuell erst bei einem gewissen Stromfluss durch, und funktionieren daher bei geringer Sonneneinstrahlung “normal”. Leider habe ich keine Wärmebildkamera zur Verfügung und konnte die Dioden bisher nicht abklemmen/tauschen, da diese in der Anschlussdose vergossen sind.
Beste Grüße, Emanuel
Hallo Emanuel,
es handelt sich mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit um Zellverbinder, die sich langsam ablösen. Je nach Temperatur haben sie mal Kontakt oder eben auch nicht. Die Bypassdioden sind in solchen Fällen O.K. Das ist der letzte, oben im Artikel behandelte, Fall.
Bitte auch nochmal hier nachlesen: https://photovoltaikbuero.de/pv-know-how-blog/schleichende-ertragsminderung-an-solarstromanlagen/
Matthias Diehl
Vielen Dank für die gut nachvollziehbare Fehlerbeschreibung!
Nun würde mich interessieren, wie man bei einer Anlage (reine Reihenschaltung) reagieren sollte, wenn ein Modul durch den oben beschriebenen Fehler die Leistung der gesamten Anlage “herunterzieht”. Ist es in einem solchen Fall sinnvoll, das betroffene Modul aus der Reihenschaltung herauszunehmen (abzuklemmen), um die übrigen Module wieder mit voller Leistung weiterarbeiten zu lassen?
Vielen Dank für einen guten Rat!
Solange man durch das Herausnehmen des defekten Moduls nicht unter die Mindesteingangsspannung des Wechselrichters gelangt, kann man das machen. Aufpassen muss man noch, wenn am MPPT des Wechselrichters 2 Stränge parallel geschaltet wurden. Dann kann man auch nicht einfach ein Modul entfernen.
Bei mir hat ein Modul einen defekten Substring. Insgesamt sind sieben 330W-Module im String. Ich habe als Austausch ein 340W-Modul (gleiche Modulserie, gleiche Architektur) abgeboten bekommen. Was passiert jetzt mit dem MMP des Strings? Ist das marginal oder ein Problem?
https://www.soluxtec.de/dam/jcr:65ba5110-2103-4433-bea9-b531093e504d/2021_Das%20Modul%20Mono%20FS_German.pdf
Herzlichen Dank
bei identischer Modularchitektur kein Problem.
Ein Strang mit 20 Modulen (Kyocera KC175, 48 Zellen, Leerlaufspannung 29,2 V) hat seit kurzem nur noch ca. 130 V Generatorspannung. Am Monitoringsystem sieht man, dass die Generatorspannung am Vortag noch gepasst hat und dann am nächsten Morgen nicht mehr.
Woran könnte das liegen?
Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Wenn die Leerlaufspannung auch geringer geworden ist, könnten kurzgeschlossene Bypassdioden der Grund sein. Wenn nur die MPP Spannung betroffen ist, könnten Zellverbinder hochohmig geworden sein. Da hilft nur eine Diagnose Vorort, das ist aus der Ferne schwer zu machen.
Matthias Diehl
Ein Freund von mir betreibt in Portugal eine Solaranlage mit zwei Strängen von je 10 Panelen je 300W, Leerlaufspannung von Strang 1 ca. 350V, Leerlaufspannung Strang 2 ca. 230V. Strang 2 auseinandergesteckt und alle Module einzeln gemessen, jedes Modul für sich liefert die 35V Leerlaufspannung, wieder zusammengesteckt jedoch nur die beschriebenen 230V. Gibt es dafür eine plausible Erklärung? Danke schon mal vorab.
Hallo Herr Kestler,
an einem hochohmigen Verbinder bricht die Spannung sofort zusammen, wenn auch nur ein klein wenig Strom fließt. Dieser Strom ist bei konstantem Innenwiderstand des Messgerätes etwas höher, bei der höheren Spannung. Klarheit bringt da nur eine Kennlinienmessung, dann kann man das sehen.
Hallo Herr Diehl,
erstmal danke für die prompte Antwort, eine hochohmige Verbindung schließe ich aus, der Betreiber hat das mehrfach gegengecheckt. Der Betreiber ist elektrotechnischer Laie aber eben ein heller Kopf (Chemieingenieur). Er kann Dinge die ich ihm rate (ich bin E-Ingenieur, wenn auch in einem ganz anderen Spezialthema) schon richtig umsetzen. Er hat an jeder einzelnen Zelle den Kurzschlussstrom gemessen, daraus ergibt sich nichts. Ich habe ihm gesagt, er möge doch die Panels mit einem Infrarot-Thermometer messen uns siehe da, ein Panel wird zumindest in einem Teilbereich deutlich wärmer als alle Kollegen drumherum. Er wird dieses Panel mal rausbauen und gegen ein anders Panel ersetzen, dann sieht man weiter.
Infrarot-Thermometer statt Thermographiekamera … auch nicht schlecht. Muss ich auch mal ausprobieren zur “Low-cost” Fehlersuche. Gute Idee.