Was ist bei der Wechselrichterauslegung zu beachten? Kriterium 1

In den Beiträgen zur Wechselrichterauslegung werden Punkt für Punkt die Kriterien behandelt, die bei der korrekten Auslegung eines Photovoltaik-Wechselrichters beachtet werden müssen. Wenn man verstehen möchte was sich hinter den verschiedenen Auslegungsprogrammen der Wechselrichterhersteller verbirgt könnte dieser Beitrag von Interesse sein. In diesem Teil geht es um die Bestimmung der maximalen Leerlaufspannung des Solargenerators.

Wenn man diesen Beitrag liest, sollte man eventuell vorher folgende Beiträge lesen:

Welcher Wechselrichter ist der Richtige ?

Was muss man bei der Wechselrichterauslegung beachten ?

Was ist nun der entscheidende Punkt bei der Auslegung eines Wechselrichters ? Worauf muss man achten ?

Eines vorweg: Es gibt nur ein Kriterium, dass bei falscher Auslegung zur Zerstörung des Wechselrichters führen kann und das ist eine zu hohe Eingangsspannung am Wechselrichter. Eine zu hohe Spannung am Wechselrichter kann entstehen wenn man zu viele Solarmodule in Reihe verschaltet. Bei einer Fehlauslegung der anderen Kriterien kommt es zwar unnötigerweise zu Mindererträgen aber der Wechselrichter nimmt dabei in der Regel keinen Schaden. Man kann z.B. durchaus einen 5kW Wechselrichter an einen 10kWp Solargenerator anschließen ohne dass das Gerät zerstört wird, wenn die maximal zulässige Eingangsspannung (UDCmax.) des Wechselrichters nicht überschritten wird.

Im folgenden müssen nun alle Kriterien der Reihe nach durchgegangen werden um die optimale Auslegung für eine bestimmte Situation zu finden.

Doch in diesem Beitrag geht es zunächst um Kriterium 1: Die maximal zulässige Eingangsspannung UDCmax.

Wann tritt am Solargenerator die maximal mögliche Gleichspannung auf ?

Wenn der Wechselrichter gerade nicht einspeist (z.B. tagsüber bei einem Stromausfall) liegt am Solargenerator die sogenannte Leerlaufspannung U0 an. Diese ist immer größer als die Spannung im MPP Punkt maximaler Leistung) während des Betriebes der Anlage. Beide Spannungen – U0 und Umpp – kann man auf dem Datenblatt der Solarmodule finden. Die Leerlaufspannung des Solargenerators entspricht dann der Anzahl der in Reihe geschalteten Solarmodule multipliziert mit der auf dem Datenblatt angegebenen Leerlaufspannung für ein Modul. Diese Spannung ist jedoch leider keine Konstante, sondern sie verändert sich sehr stark mit der Temperatur und ein wenig mit der Einstrahlung. Es gilt die Regel: Je kälter es ist und je stärker die solare Einstrahlung ist, desto höher ist die Spannung am Solarmodul. Die maximal mögliche Spannung erreicht der Solargenerator daher bei Stromausfall an einem sehr kalten, sehr sonnigen Tag um die Mittagszeit, das heißt wenn die Sonne unter einem möglichst steilen Winkel die Solargeneratorfläche trifft.

Für diesen Extremfall, der zugegeben nur recht selten eintrifft muss der Wechselrichter gewappnet sein. Doch was ist der kälteste Tag, den der Wechselrichter je erleben kann ? -15°, -20° oder gar -30°? Und können die Solarmodule bei diesen extrem niedrigen Temperaturen überhaupt jemals die maximale Einstrahlung abbekommen oder wird es nur dann so kalt, wenn auch die Sonne sehr tief steht und maximale Einstrahlungswerte schon wegen des flachen Winkels nicht mehr möglich sind ? Man erkennt sofort, dass dies natürlich von der Ausrichtung und vor allem dem Standort des Solargenerators wesentlich abhängt. Bei einer sehr steil geneigten Anlage, die auch bei tiefer stehender Sonne noch große Einstrahlungswerte abbekommen kann, sollte man da schon mal etwas genauer hinschauen als bei einer sehr flachen Anlage und die Anlage an der Seilbahnstation in den Alpen wird sicherlich andere Extreme erleben als eine vergleichbare Anlage im Rhein-Main Gebiet. Man muss sich bei der Auslegung irgendwann festlegen und diese Festlegung ist immer eine gewisse Risikoabwägung. Üblicherweise rechnet man mit einer Temperatur von -15°und korrigiert diesen Wert gegebenenfalls etwas nach oben bei der Seilbahnstation oder etwas nach unten im Rhein Main Gebiet…

Um nun aus dem Wert der Leerlaufspannung im Datenblatt des Solarmoduls und der oben beschriebenen extrem niedrigen Temperatur die maximal auftretende Leerlaufspannung U0max am Solargenerator zu berechnen ist ein weiterer Wert aus dem Datenblatt des Solarmodules notwendig: Der Temperaturkoeffizient der Spannung. Dieser wird in der Regel in mV/K angegeben (manchmal auch in % von U0/K) und beschreibt die Spannungszunahme bei Temperaturen die niedriger als die STC Temperatur 25° sind. Dieser Wert unterscheidet sich bei den verschiedenen kristallinen Modulen kaum und liegt pro Zelle bei ca. 2-2,5mV/K. Bei einem Modul mit 60 Zellen (z.B. IBC Monosol 230ET; ) gibt das Datenblatt einen Temperaturkoeffizienten von –135mV/K an. Geht man nun von einer Extremtemperatur von -15°C aus hat man es mit einer Temperaturdifferenz zu den 25°C von 40K zu tun, was wiederum einer Spannungserhöhung von: 40K*0,135V/K = 5,4Vpro Modul entspricht. Hat man im Solargenerator z.B. 15 Module in Reihe geschaltet nimmt die Spannung in diesem Extremfall um 15*5,4V= 81V gegenüber einer Temperatur von 25°C zu. Es ergibt sich bei 15 in Reihe geschalteten Modulen demnach eine maximale Leerlaufspannung von: 15*(36,3V+ 40K*0,135V/K )= 625,5V, wobei die genannten 36,3V die Leerlaufspannung U0 des Beispielmodules bei STC ist. Die maximal zulässige Eingangsspannung des Wechselrichters – diese wird in der Regel UDCmax genannt – muss daher mindestens diesen Spannungswert (im Beispiel 625,5V) erreichen. Wird dieses Kriterium nicht erfüllt und der Wechselrichter wird mit einer zu hohen Eingangsgleichspannung beaufschlagt kann es zur Zerstörung der Eingangselkos kommen, die sich mit unter mit einem lauten explosionsartigen Geräusch verabschieden. Bei der Überschreitung der maximal zulässigen Spannung dieser Bauteile kann es zu Überschlägen zwischen den Kondensatorplatten kommen. Diese haben einen sehr großen Kurzschlussstrom zur Folge mit entsprechend starker lokaler Temperatorerhöhung. Elektrolytkondensatoren haben für diesen Fall ein Sicherheitsventil, dass das verdampfende Elektrolyt schnell entweichen lässt. Dies führt zu dem beschriebenen Knall bei einer Zerstörung der Bauteile. Auch die Leistungshalbleiter in den Wechselrichtern sind natürlich für eine maximal zulässige Sperrspannung ausgelegt, die auf keinen Fall überschritten werden darf.

Eine zusätzliche Untersuchung, was bei verschiedenen Einstrahlungen mit der Leerlaufspannung geschieht kann entfallen, da der STC Wert 1000W/m² bereits einen Maximalwert für die Einstrahlung repräsentiert.

Im nächsten Beitrag wird es um die Mindesteingangsspannung gehen, die der Wechselrichter erreichen muss um noch den MPP des Solargenerators finden zu können. Auslegungskriterium Nummer 2.

Kommentare

  1. Danke für den gut geschriebenen Beitrag. Zum letzten Satz “Eine zusätzliche Untersuchung, was bei

    verschiedenen Einstrahlungen mit der Leerlaufspannung geschieht kann entfallen, da der STC Wert 1000W/m²

    bereits einen Maximalwert für die Einstrahlung repräsentiert.” muss ich allerdings Widerspruch anmelden. Die

    Einstrahlungsleistung kann durchaus über 1000 W/m2 liegen. Das passiert häufig an Sommertagen mit wechselnder

    Bewölkung. Wenn ab und zu ein kleiner Schauer die Luft reinigt und anschließend die Bewölkung dann aufreißt,

    können unter Umständen schon mal über 1200 W/m2 in Modulebene (wenn die Sonne grade senkrecht auf die Module

    trifft) für kurze Zeit auftreten. Wenn dann die Module noch durch den Regen auf <25°C abgekühlt sind, kann

    für einen kurzen Moment die DC-Leistung also 20% über der Nennleistung ("Peakleistung"!) liegen!. Kommt so

    was oft vor, ist es schade wenn der Wechselrichter das dann wegregelt. Aus dem von Ihnen zitierten

    ISE-Vortrag kann man dann auch schlussfolgern, dass die Unterdimensionierung des Wechselrichters um so

    weniger sinnvoll ist, je besser die Wechselrichter beim Wirkungsgrad im Teillastbereich werden. Konkretes

    Beispiel die Minutenwerte meiner Aufdachanlage am 13.06.2010:
    – Wolkig mit kurzen Schauern,
    – maximale Einstrahlung in der Horizontalen: 1156,6 W/m2 (12:26 Uhr)
    – maximale Einstrahlung in Modulebene: 1228,8 W/m2 für weniger als eine Minute (13:41 Uhr),
    – dabei nur(!) 33°C Modultemperatur.
    Leicht nachzuvollziehen, dass die Anlage in diesem Moment mehr als die Nennleistung von 4,05 kW gebracht hat.

    Die momentane eingespeiste AC-Leistung lag bei 4,30 kW – dank nicht unterdimensioniertem Wechselrichter – es

    handelt sich um ein Modell mit Euro-Wirkungsgrad von 97% und Photon-Testurteil "sehr gut ++". Die Tabelle mit

    den Minutenwerten kann ich gern zur Verfügung stellen. Die grafische Auswertung gibts hier:
    photon-control.net/pages/public_chart.aspx?lang=1&find=00000321&call=
    dann 2010-Juni-13 anklicken.

  2. Sehr geehrter Herr Teucher,
    vielen Dank für Ihren interessanten Kommentar. Sie haben natürlich vollkommen Recht. Auch wir sehen an unseren Anlagen an Tagen mit ganz klarer Luft (kurz nachdem es geregnet hat) hin und wieder Einstrahlungen die größer als 1000W/m² sind (oft Ende April , Anfang Mai). Für die Auslegung würden diese Extremfälle allerdings nur dann kritisch, wenn sie in Kombination mit sehr niedrigen Temperaturen (-15°) auftreten würden. Das habe ich bisher noch nie erlebt. Aber Sie haben vollkommen Recht. Ich war an dieser Stelle etwas unpräzise.
    Gruß pvbuero

  3. Guten Tag und danke für den guten Beitrag. Ich habe eine kurze Frage. Sie schreiben “Eines vorweg: Es gibt nur ein Kriterium, dass bei falscher Auslegung zur Zerstörung des Wechselrichters führen kann und das ist eine zu hohe Eingangsspannung am Wechselrichter.”. Ich habe einen Balkon-Kraftwerk-Wechselrichter im Einsatz und habe noch ein faltbares Solarpanel, welches ich zusätzlich parallel anhängen würde. Allerdings übersteigt die Amperezahl die angegebene Amperezahl des Wandlers: Eingang max 13 Ampere vs 16,9 Ampere wenn ich das Solarpanel anhänge.
    Wenn ich den Satz oben richtig verstehe, ist der Strom dann einfach verloren, aber dem Wandler geschieht nichts, korrekt?

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