Was ist bei der Wechselrichterauslegung zu beachten? Kriterium 2

In den Beiträgen zur Wechselrichterauslegung werden Punkt für Punkt die Kriterien behandelt, die bei der korrekten Auslegung eines Photovoltaik-Wechselrichters beachtet werden müssen. Wenn man verstehen möchte was sich hinter den verschiedenen Auslegungsprogrammen der Wechselrichterhersteller verbirgt könnte dieser Beitrag von Interesse sein. In diesem Teil geht es um die Bestimmung der minimalen MPP Spannung des Solargenerators

Wenn man diesen Beitrag liest, sollte man eventuell vorher folgende Beiträge lesen:

Welcher Wechselrichter ist der Richtige ?

Was muss man bei der Wechselrichterauslegung beachten ?

Kriterium 1 bei der Wechselrichterauslegung

In diesem Beitrag geht es um die minimal auftretende Spannung im MPP während des Betriebes einer Photovoltaikanlage.

Diese Spannung muss in jedem Fall immer größer sein, als die im Wechselrichterdatenblatt angegebene Mindesteingangsspannung UDCmin des Wechselrichters. Zur Erinnerung, die Spannung an einem Solargenerator hängt in erster Linie von der Temperatur der Solarzellen ab und verändert sich nur sehr wenig mit wechselnder Einstrahlung. Den Fall der extrem niedrigen Temperaturen hatte ich im letzten Beitrag ausführlich beschrieben. Nun soll es um das andere Extrem gehen: Sehr hohe Temperaturen, die Anlage ist im Betrieb – die Gleichspannung sollte also im MPP liegen. Auch in diesem Fall muss der Wechselrichter noch in der Lage sein die Gleichspannung in eine Wechselspannung mit einem Effektivwert von 230V umzuwandeln. Wie im letzten Artikel bei der Betrachtung der niedrigsten möglichen Temperatur hängt natürlich auch die maximale Temperatur sehr stark von der betrachteten Anlage ab. So wird der Wert bei einer Anlage in der Sahara sicherlich etwas anders ausfallen als bei einer Anlage in den bayrischen Alpen. Auch die Einbausituation der Module spielt eine gewisse Rolle. Es ist ein Unterschied ob ein Modul luftdicht eingepackt ist oder ob immer ein wenig Luft hinter den Modulen vorbeiströmen kann. In der Praxis hat sich gezeigt, dass auf ganz normalen Dächern in Deutschland bei einer Aufdachmontage und einem Abstand der Module zum Dach von 10-15 cm durchaus Temperaturen von über 60° an den Modulen vorkommen können. Bei “Indachsystemen” bei denen nur ein schmaler Hinterlüftungsschlitz von vielleicht 4-5 cm hinter den Modulen vorhanden ist, können es auch einmal 70-75°C werden. Man ist also gut beraten, wenn man als maximale Temperatur für die Betrachtung des ungünstigsten Falles einmal 70°C annimmt. Auch dieser Wert, der von den meisten Auslegungsprogrammen für Wechselrichter verwendet wird ist natürlich ein Kompromiss und kein Gesetz. Wenn man eine Anlage in Afrika plant sollte man hier lieber noch mit etwas höheren Temperaturen rechnen, bei der Seilbahnstation in den Alpen hingegen kommt man eventuell auch mit 60° als maximaler Temperatur noch gut klar. Nimmt man wieder das Beispielmodul aus dem letzten Beitrag (IBC Monosol 230ET) so beträgt die Spannung im MPP bei STC 29,1V. Die Temperatur unter STC (Standard Test Conditions; Standard Testbedingungen) beträgt 25°C. Bei einer Modultemperatur von 70°C beträgt die Temperaturerhöhung damit genau 45°C oder 45K (Kelvin). Im Datenblatt des Beispielmodules ist ein Temparaturkoeffizient der Leerlaufspannung von –134mV/K angegeben. Dieser Wert gilt annähernd auch für die Spannung im MPP Umpp. Die Spannungsreduzierung durch die erhöhte Modultemperatur lässt sich daher wie folgt berechnen: 45K*-134mV/K = -6,03V pro Modul. Das bedeutet die Spannung im Mpp liegt jetzt nicht mehr bei 29,1V sondern nur noch bei 23,07V. Bei sinkender Einstrahlung ändert sich die Spannung der Module kaum. Auch bei sehr schwachen Einstrahlungen liegt die Spannung nicht unter den 23V die bei 1000W/m² und 70°C beim Beispielmodul auftreten. Es kommt außerdem fast nie vor, dass die maximale Temperatur des Solarmodules zusammen mit einer sehr niedrigen Einstrahlung auftritt, da die hohe Modultemperatur ja gerade durch eine hohe Direktstrahlung hervorgerufen wird. Man kann daher bei der Betrachtung des ungünstigsten Falles für das Beispielmodul von den berechneten 23V ausgehen. Bei dieser Spannung multipliziert mit der Anzahl der Module in einem Strang muss der Wechselrichter nun noch dazu in der Lage sein ins Netz einzuspeisen. Möchte man z.B. einen trafolosen Wechselrichter mit einer Mindesteingangsspannung von 325V benutzen (z.B. SMA SMC 6000TL-11000TL) so muss man mindestens 14 Module in Reihe schalten. Schaltet man zu wenige Module in Reihe nimmt der Wechselrichter dadurch keinen Schaden. Solange es kalt ist und die Modultemperatur nicht zu hoch wird, kann der Wechselrichter sogar auch mit 13 Modulen ganz normal arbeiten. Kommt dann aber der Sommer mit höheren Modultemperaturen kann der Wechselrichter um die Mittagszeit nicht mehr den MPP anregeln und arbeitet an seiner unteren Spannungsschwelle. Dadurch wird dem Solargenerator weniger Leistung entnommen als eigentlich möglich wäre und die Energieausbeute sinkt. Man kann dies bei Anlagen mit Datenlogger daran erkennen, dass sich die Gleichspannung kaum noch verändert und über einen längeren Zeitraum nahezu konstant an der unteren Einspeisegrenze des Wechselrichters verbleibt.

Was passiert wenn man bei diesem Auslegungskriterium etwas falsch macht, kann man hier nachlesen.

Im nächsten Beitrag geht es um Kriterium Nr. 3, das Verhältnis der Solargenerator Leistung in Wp zur Wechselrichternennleistung.

Kommentare

  1. Hallo und erstmal vielen Dank für die vielen tollen und aufschlussreichen Artikel!
    Allerdings habe ich zu den Wechselrichtern noch eine allg. Frage. Kann ich eine Inselanlage auch mit einem “normalen” WR betreiben, oder sind immer spezielle Inselwechselrichter nötig?
    Es kommt z.B. ja immer mehr die Idee auf ganze Fabriken in Afrika nur über solare Energie bzw. als Hybridsystem mit einem Dieselgenerator zu betreiben. Ich nehme mal an, dass die täglichen Verbräuche und somit auch der Solargenerator sehr groß sind, könnten dann ganz normale WR zum Einsatz kommen. Mittels Laderegler müsste es ja trotzdem möglich sein gleichzeitig ein Speichersystem zu überwachen und zu laden bzw. zu entladen?

    Ich freue mich auf Ihre Anwort

    1. Ein “normaler PV-WR” hängt sich an die Netzfrquenz und ist ohne Netz nicht zu betrieiben.Dabei übernimmt das Netz auch die Pufferung der variablen Stromerzeugung. Ein Inselwechselrichter hingegen regelt Spannung und Frequenz autark und passt die Ausgangsleistung dem Verbaucher an.

  2. Sehr geehrter Herr Diehl,
    seit Stunden stöbere ich auf Ihren Seiten und lese die Grundlagenartikel der Reihe nach durch. Es gilt Ihnen und Ihrem Team ein herzliches Dankeschön zu sagen. Mit diesen Informationen lässt sich eine Anlage hervorragend planen und vor allem VERSTEHEN!!
    Die technischen Grundlagen sind sehr verständlich und fundiert dargestellt.
    Kennt man Ihre Seiten, kann man sich vieles “ungereimt” geschriebenes im Netz sparen.
    Machen Sie so weiter!!
    Dr. Meinolf Stute

    1. Hallo Herr Stute,
      es freut mich zu hören, wenn die Informationen nützlich sind. Ich hoffe sehr damit auch einen Beitrag leisten zu können, jungen Menschen den Weg in die PV-Branche etwas zu erleichtern. Wir brauchen in allen Bereichen gut ausgebildete Fachkräfte, sonst wird eine Energiewende nicht zu schaffen sein.
      Gruß Matthias Diehl

  3. Sehr geehrter Herr Diehl,
    vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Da Sie in diesem Gebiet viel Erfahrung und Wissen haben möchte ich Ihnen eine Frage stellen.
    Wir entwickeln zur Zeit ein PV-Monitoringsystem inklusiv Hardware und Software.
    Unten sind die Funktionen beschildert.

    Alle Angaben gelten für einzelne Solarmodule:

    -Im PV System Mesh-Netzwerk Monitoring (PC-Software & App) , Datenerfassung und Steuerung einzelne Module mit RF 2.4GHz
    -Absolut keine Kabelverlegung
    -Installation: Unsere Modulbox einfach zum Junctionbox mit MC4 Modulstecker in Reihe anschließen. PC Gateway (2.4GHz) erledigt den Rest.
    -Solarmodul Temperaturmessung
    -Solarmodul Strommessung im laufenden Betrieb
    -Solarmodul Spannungsmessung im laufenden Betrieb
    -Solarmodul Leerlaufspannungsmessung im laufenden Betrieb
    -Solarmodul String Spannungsmessung im laufenden Betrieb
    -Solarmodul Kurzschlussstrommessung im Betrieb laufenden
    -Solarmodul im String überbrücken
    -Solarmodul vom String trennen
    -Solarmodul vom String trennen und überbrücken. (kein Hotspot).
    -Solarmodul Shutdown ausführen, manuell (Schalter, Module einzeln)
    -Solarmodul Shutdownmöglichkeit nach der Konfiguration mit Monitorsingsoftware nur ausgewählte Module in eingestellte Zeitspanne, in 100 ms.
    -Solarmodul Shutdown sofort alle Module z.B. beim Stromausfall (Methode in 100 ms werden alle Solarmodule vom String getrennt, 0V bei Wechselrichter)
    -Solarmodul Schneeschmelzfunktion (beschneite Solarmodule, kurzschließen und im String überbrücken, 15s Kurzschließen und 0.5 s Pause, bis Eisschmelztemperatur erreicht ist)
    -PC und App Monitoring Software kostenlos
    -PV Projekt Solarmodulanzahl und Entfernungen unbegrenzt (Mesh-Network)
    -Plug an Play
    -Solarwechselrichter-Hersteller unabhängig. Jeder Kunde kann unser System nachrüsten.
    (einige Funktionen vielleicht nach den Vorschriften nicht erlaubt ?)
    Es ist auch eine Kostenfrage.
    Unser Verkauf-Zielpreis ist die Hälfte wie die anderen Hersteller, Huawei, Tigo, BRC, Solar Edge.

    Meine Frage ist (wir haben keine PV-Modul Optimizer Funktion): wenn wir den Wechselrichterhersteller mit RF im laufenden Betrieb diese Daten zur Verfügung stellen.
    Kann der Hersteller PV System genauso optimieren wie die einzelne Solarmodule Optimizer ?

    1. Ich denke die Antwort müsste “fast” lauten. MPP Tracking auf Modulebene kann noch etwas präziser ausfallen, da man auf Modulebene der Verschattung jedes einzelnen Moduls Rechnung tragen kann. Das geht bei nur einem MPP-Tracker im Wechselrichter nicht.
      Bei der Idee bitte ich folgendes zu beachten:
      Wenn an einem Strang ein Modul gebrückt ist, darf nicht ein zweiter Strang am WR parallel geschaltet sein. Ansonsten kommt es zu Ausgleichsströmen. (siehe hier).
      Schneeschmelzen funktioniert nicht gut durch Kurzschließen. Dafür benötigt man Rückstrom und auch das klappt nur bei ausreichender Dachneigung.

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