Teilverschattung an Solargeneratoren Teil 3/3

Soll man bei einem Solargenerator die Module, die gelegentlich von Teilverschattung (z.B. durch einen Baum oder eine Gaupe) betroffen sind alle in einem Modulstrang zusammenfassen, so dass es dann einen Strang mit den verschatteten Modulen und einen Strang (oder mehrere Stränge) mit den unverschatteten Modulen gibt. So lautet eine Frage die uns immer wieder gestellt wird. Die Antwort lautet Nein … und warum sie so lautet wird im nachfolgenden Artikel erklärt.

Im Teil 2 der Artikelreihe zur Teilverschattung hatte ich bereits gezeigt, dass es im Prinzip zwei Arten von Teilverschattung gibt:

  1. Verschattungen, bei denen nur wenige Prozent einer Zelle verschattet sind. Diese kommt z.B. durch Blitzfangstangen, Gräser, Vogelkot, Vermoosung oder Freileitungen zustande (siehe Bild 1). Fall 1 ist zwar nicht nennenswert leistungsrelevant, aber es kommt zu massiven thermischen Belastungen der Solarzellen, wie in diesem Blogbeitrag erläutert ist.
  2. Verschattungen bei denen ganze Zellen oder gar ganze Module vollständig verschattet sind (siehe Bild 2). Diese sind leistungsrelevant.

Im Fall 1 liegt das absolute Leistungsmaximum bei einer höheren Spannung als alle anderen relativen Maxima auf der Leistungs-Spannungskennlinie.
Bei Fall 2 hingegen gibt es ein relatives Maximum, dass bei einer Spannung oberhalb der MPP Spannung liegt.

Foto eines teilverschatteten Solarmoduls wie in Fall 1 beschrieben

Betrachtet man reale Solargeneratoren, so wird der Fall 2 in der Mehrheit aller Fälle von Teilverschattung auftreten oder zumindest die größeren verschattungsbedingten Leistungseinbußen zur Folge haben. Im weiteren Verlauf des Artikels soll es daher um den wichtigeren Fall 2 gehen.

Starke teilverschattung an einem Solargenerator wie in Fall 2 beschrieben

Im Fall 2 muss der Wechselrichter dazu in der Lage sein, die Spannung nach unten zu ziehen um den MPP (Maximum Power Point; Punkt maximaler Leistung) des teilverschatteten Solargenerators zu finden. Bei den teilverschatteten Solarmodulen werden dadurch die Bypassdioden aktiv, die die Module vollständig überbrücken. Sie leisten also auch keinen Teilbeitrag mehr zur Energiegewinnung. Die von ihnen noch gewonnene (Rest-)Energie wird vollständig in den am stärksten verschatteten Zellen in Verlustleistung (sprich Wärme) umgesetzt. Dafür können dann aber die unverschatteten Module völlig unbeeinflusst weiterarbeiten und weiterhin ihre volle Leistung erbringen.

Wo dieser Mechanismus seine Grenzen hat und warum aus genau diesem Grund die eingangs gestellte Frage mit Nein beantwortet werden muss, soll nun anhand eines Beispiels erklärt werden.
Ich betrachte dazu mal einen Solargenerator bestehend aus 2 Strängen mit jeweils 15 Modulen in Serie. Der Wechselrichter hat zwei Eingänge, die getrennt geregelt werden können. (2MPP Tracker).

Solargenerator mit 15 unverschattetenSolarmodulen

Betrachten wir nun einen Fall, bei dem 6 der 30 Solarmodule verschattet sind und spielen zwei Situationen durch. Im ersten Fall seien die verschatteten Module auf die beiden Stränge verteilt worden. Es gibt also in jedem Strang 3 verschattete Module. Im zweiten Fall habe man alle verschatteten Module in einen Strang gelegt.

Wenn ein Wechselrichter die Gleichspannung am Solargenerator soweit nach unten zieht, dass die verschatteten Module überbrückt werden arbeitet das Gerät im Prinzip so, als wären diese Module gar nicht angeschlossen. Bei unserem Beispielgenerator wird im ersten Fall (3 verschattete Module in jedem Strang) die Spannung soweit nach unten gezogen, dass nur noch 12 Module aktiv sind. Dadurch rückt die Arbeitsspannung des Stranges automatisch ein Stück näher an die Mindesteingangsspannung des Wechselrichters gegenüber dem unverschatteten Fall (siehe Bild 3 und Bild 4). Im Datenblatt des Wechselrichters wird diese Mindesteingangsspannung übrigens mit Umppmin (oder UDCmin) bezeichnet. Die verbleibenden 12 unverschatteten Module pro Strang (also insgesamt 24 Module) arbeiten weiterhin mit Ihrer vollen Leistung.

Solargenerator mit 15 Solarmodulen von denen 3 verschattet sindIm zweiten Fall, bei dem alle verschatteten Module in einem Strang gebündelt wurden, liegt das absolute Maximum nun bei einer noch kleineren Spannung, diesmal unterhalb der Mindestspannung (Umppmin) des Wechselrichters. Der Wechselrichter kann die Spannung nicht weiter herunterregeln und bleibt daher an seiner unteren Spannungsschwelle hängen (siehe Bild 5).

Solargenerator mit 15 Solarmodulen von denen 6 verschattet sindDer Gesamtstrang bestehend aus 15 Modulen kann daher nicht mehr im optimalen Arbeitspunkt betrieben werden.
Im Fall 1 des Beispiels (verschattete Module auf die beiden Stränge aufgeteilt) betrug die Leistungsreduzierung der Gesamtanlage durch die Verschattung nur knapp 11% im Fall 2 waren es dagegen 30%.

Es ist also wichtig bei der Auslegung solcher Generatoren mit Teilverschattung einmal auszurechnen wie viele Module mindestens noch unverschattet sein müssen, damit der Wechselrichter eine ausreichend große Generatorspannung erhält. Die von Verschattung bedrohten Module sollten anschließend so auf die Stränge verteilt werden, dass die Eingänge des Wechselrichters immer eine Spannung (der unverschatteten Module) sehen, die größer ist als die Mindestgleichspannung (Umppmin) des Wechselrichters. Wie man diese Berechnung macht ist in diesem Artikel zur Wechselrichterauslegung ausführlich beschrieben.

Die Simulationen der Kennlinien in diesem Artikel wurden mit LT-Spice durchgeführt. Es wurde ein Modul mit 72 Zellen mit einer Zellkantenlänge von 5” angenommen. Die technischen Daten entsprechen in etwa einem Modul mit einer Leistung von 185Wp bei STC. Im unverschatteten Fall wurde ein Kurzschlussstrom von 5,56A angenommen. Die verschatteten Module wurden mit einem Kurzschlussstrom von 1A eingestellt. Es handelt sich nur um ein Beispiel zur Veranschaulichung der Verschattungsproblematik. Bei einem realen Solargenerator müsste natürlich noch der Spannungsrückgang durch höhere Temperaturen berücksichtigt werden.

Kommentare

  1. Super Artikel!
    Hätte hier eine Frage: Wie kommen Sie auf die prozentualen Leistungsverluste?
    Aus dem Diagramm lese ich ~2,8 kWp (unverschattet) und 2,2 kW (3 von 15 Modulen verschattet) ab.
    Für Fall 1 gilt für den Leistungsverlust: 1-(2,2/2,8)= 0,21 (21%) Sie kommen hier auf 11%

    MfG
    Daniel

  2. Ich hatte das damals mit LT Spice simuliert und wohl Werte aus der Simulation einfach ohne nochmal nachzurechnen übernommen. Sie haben aber völlig Recht.
    Wenn von 15 Modulen im Strang verschattet sind (oder 6 von 30 in 2 Strängen) dann beträgt der Leistungsverlust (bei funktionierendem MPP Regler) 3/15 = 0,2 >> 20%.
    Mittlerweile werden ja immer mehrere Stränge parallel auf einen MPP Tracker aufgeschaltet. Dadurch wäre bei Beispiel 2 heutzuage die Leistung des verschatteten Stranges in der Gegend von 600W, was zu Verlusten von knapp 40% führen würde. Die Grundaussage des Artikels: Möglichst nicht alle verschatteten Module in einem Strang zu bündeln, bleibt daher bestehen.
    Trotzdem Danke für den Hinweis, dass ich hier Unsinn verbreitet habe.
    Gruß Matthias Diehl

  3. Lieber Herr Diehl

    Vielen Dank für die detaillierten Informationen.

    Was mich noch interessieren würde. Was machen Solar Optimierer mit dem MPP auf einem Strang? Wie sehen damit die kennlinien aus?

    Grüße
    Matthias Brenner

    1. Die Leistungsoptimierer finden den MPP in der Regel auf Modulebene. Sie sorgen dafür, dass zum einen das Modul in seinem MPP arbeitet (bei der MPP Spannung) und zum anderen dass der Strangstrom auf der Ausgangsseite der Optimierer bei allen Optimierern in einem Strang gleich groß ist.

  4. Ein sehr guter Artikel – der beste, den ich zu dem Thema gefunden habe.

    Eine Frage konnte ich trotz Recherche im Internet nicht herausfinden – vielleicht haben Sie dazu eine Antwort:

    Wie kann ich erkennen, in welcher Richtung meine Modulzellen geschaltet sind, ob horizontal oder vertikal? Kann man das optisch von außen erkennen?

    Ich habe ein quadratisches Modul, bei dem durch bauliche Gegebenheiten 1 oder 2 Reihen von Modulzellen am Tag verschattet werden. Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe,ist es für die Leistung günstiger, wenn eine Reihe ganz verschattet wird ist und der Rest nicht, als wenn in jeder Reihe 1 oder Zellen verschattet sind, richtig?

    1. Die Verschaltung sieht man bei genauer Betrachtung des Moduls von außen. Einfach mal die Leiterbahnen verfolgen.
      Wie sich die Verschattung am Ende auswirkt, ist immer dem Zusammenspiel des Modules, dessen interner Verschaltung und der MPP Regelung des Wechselrichters oder Ladereglers geschuldet. Pauschal lässt sich die Frage daher leider nicht beantworten.

  5. Hallo Herr Diehl,

    die dreiteilige Aufklärung über das Verhalten von teilverschatteten Modulen und Strings ist wirklich sehr aufschlussreiche.
    Durch die Funktion der Bypassdioden in Verbindung mit einem MPP Tracker mit Kennliniendurchlauffunktion würde ich glatt auch meine bisherige Annahme verwerfen, dass es sinnvoll ist Module, die zu unterschiedlichen Tageszeiten verschattet sind in unterschiedliche Strings zu packen. Z.B. rechts und links einer Gaube, die nach Süden ausgerichtet ist.
    Bisher habe ich einen String links der Gaube und einen rechts der Gaube geplant. Gehe ich nun recht in der Annahme, dass ich beide Seiten also problemlos in einen String packen kann, wenn der Wechselrichter eine Schattenmanagementfunktion hat?

    1. Hallo Herr Welter,
      Man muss lediglich darauf achten, dass nicht so viele Module gleichzeitig verschattet sind, dass die Mindestspannung des Wechselrichters unterschritten wird. Die Spannung aller unverschatteten Module muss also über Udcmin des Wechselrichters liegen.

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