Die Zeitbereichsreflektrometrie, auch bekannt unter dem Begriff Kabelradar ist eine Technik zum Aufspüren von Leitungsschäden zum Beispiel auf Starkstromleitungen. Im Groben beruht die Messtechnik auf dem Phänomen, dass es bei der Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle auf einer Leitung bei jedem Impedanzwechsel, also der Veränderung des ohmschen, des kapazitivem oder des induktiven Leitungsbelages zu einer Teilreflexion der Welle kommt. Durch die Auswertung der Reflexionsmuster kann man nicht nur Schäden auf einem Kabel feststellen, sondern diese auch lokalisieren. Vor einigen Jahren hatten wir mal versucht, diese Methode auch in einer Photovoltaikanlage anzuwenden, leider jedoch erfolglos. Nun ist aktuell ein Messgerät auf den Markt gekommen, das genau diese Technik nutzt, um Fehler an Solarstromanlagen zu finden.
Wir haben das zum Anlass genommen den Anbieter mal zur inek Energie GmbH ins Sonnenwerk nach Bischofsheim einzuladen, um uns die neue Technik präsentieren zu lassen.
Herr Bruno Bach Jensen von der Fa. Zenit Solar aus Dänemark vertreibt das neue Messgerät und hat es gemeinsam mit Herrn Kim Malte Brock vom Hersteller EmaZys Technologies, ebenfalls aus Dänemark, einem kleinen Kreis von Sachverständigen, Installateuren und Photovoltaik-Planern, die wir zu dem Termin eingeladen hatten, vorgestellt.
Das Gerät heißt “Solar PV Tester Z100” besteht aus einer Hardware, die in einem wetterfesten Hartschalenkoffer eingebaut ist und einer APP für Android oder I Phones, mit der es komplett über WiFi ferngesteuert werden kann.
Laut Datenblatt kann man mit dem Gerät kurzgeschlossene Bypassdioden, offene Bypassdioden, unterbrochene Kabelverbindungen und Isolationsfehler in Solarmodulsträngen finden.
Um ein Gefühl für die Praxistauglichkeit des neuen Gerätes zu bekommen, haben wir in die Demoanlagen auf dem Gelände des Sonnenwerks einige Fehler eingebaut und die beiden Herrn gebeten, die Fehler mit Hilfe des Messgerätes festzustellen und zu lokalisieren. In einem Modulstrang wurde zwischen zwei Modulen ein Multicontact Y-Stecker und ein ohmscher Widerstand von 680 kOhm gegen Erde eingebaut. Mit dem Isolationsmessgerät vom Typ Benning PV-1 konnte der künstliche Fehler gemessen werden.
Mit dem Z100 konnte der Fehler nicht gefunden werden. Daraufhin wurde der künstliche ISO-Fehler von 680 kOhm durch einen Widerstand von 20kOhm ersetzt. Dieser Widerstand wurde von dem Gerät einwandfrei festgestellt und auch korrekt lokalisiert. Laut Herrn Kim Malte Brock ist das Gerät derzeit nur für ISO Fehler unter 100kOhm freigeschaltet, dies könne allerdings durch eine Anpassung der Software verändert werden. Die Voreinstellung hat uns etwas verwundert, da in der DIN EN 62446 der maximale Fehlerstrom 1mA betragen darf und bei der in der Photovoltaik üblichen Systemspannung von 1000V damit nicht unter 1MOhm liegen darf.
Das Messgerät kann ISO Fehler nur finden, wenn es nur einen Fehler pro Strang gibt. Wenn mehrere Fehler vorliegen, ist eine Lokalisierung nicht möglich.
Als nächstes sollte ein von uns präpariertes Modul gefunden werden, bei dem wir eine Bypassdiode kurzgeschlossen hatten. Zu diesem Zweck musste Herr Jensen auf das Dach klettern und nacheinander von jedem Modul des Stranges jeweils nacheinander ein Drittel mit einer speziell zurecht geschnittenen Pappe abdunkeln, während Herr Brock von unten aus jeweils eine Messung pro Modul auslöste. Bei diesem Test konnte das Modul mit der künstlich kurzgeschlossenen Bypassdiode nicht eindeutig identifiziert werden. Es wurden mehrere Module als fehlerhaft deklariert, was von den beiden Herrn damit begründet wurde, dass auf einigen Modulen noch Reste von Schnee lagen. (Wir hatten die Module am morgen schneefrei gemacht, es gab allerdings kleinere Eisflecken die nicht ohne Probleme beseitigt werden konnten).
Zum Schluss haben wir dann noch den zu untersuchenden Modulstrang an verschiedenen Stellen unterbrochen. Die Unterbrechungen konnten mit dem Messgerät, nach Eingabe der Anzahl der Module pro Strang, eindeutig identifiziert werden.
Der Preis des Gerätes beträgt laut Angabe der beiden Herrn in Deutschland 7.500.-€ zuzügl. MWSt.
Fazit:
Es war interessant für uns zu sehen, dass die Methode der Reflektrometrie auch in Photovoltaikanlagen angewendet werden kann. Wenn der Grenzwert für ISO-Fehler in der Software korrigiert ist, ist das Gerät gut geeignet, Isolationsfehler zu finden, wenn es nur einen Fehler pro Strang gibt. In diesem Fall kann man allerdings auch mit einem handelsüblichen Multimeter jeweils den Fehlerstrom von Plus gegen Erde und von Minus gegen Erde messen. Über das Verhältnis der Ströme bekommt man dann die Lage des ISO-Fehlers. Das Aufspüren von defekten Bypassdioden ist aus meiner Sicht (die von den anwesenden Kollegen geteilt wurde) mit Hilfe der Outdoor Elektrolumineszenz wesentlich einfacher zu realisieren. Kabelunterbrechungen wiederum findet man auch mit dem pvTector. Dafür muss man allerdings auf’s Dach klettern. Hier ist das Z100 im Vorteil, da man die Position der Unterbrechung von unten am Smartphone ablesen kann.
Im Ergebnis erscheint mir daher der Zugewinn an Möglichkeiten im Verhältnis zum Preis des Messgerätes zu gering. Es bestand jedoch Einigkeit darüber, dass eine Weiterentwicklung des Gerätes zum Aufspüren mehrerer ISO-Fehler in einem Modulstrang eine wertvolle Hilfe bei der Fehlersuche darstellen würde. Hier fehlt der Branche noch eine einfache Lösung…
Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal ausdrücklich bei Herrn Bruno Bach Jensen und Herrn Kim Malte Brock für die ausführliche Präsentation des Messgerätes bedanken.
Sehr geehrter Herr Diehl,
ich danke Ihnen für die aufschlussreichen Artikel auf Ihrer Seite.
Die Zeitbereichsreflektrometrie mit dem Z100 von EmaZys wurde bei einem unserer Subunternehmer im Vergangenen Oktober in England vorgestellt. Ich war etwas skeptisch, weil mir das Messprinzip nicht ganz klar war und die beigefügten Ergebnisse nicht logisch waren.
Durch Zufall hatte ich Bruno Bach Jensen auf dem Modulworkshop des TÜV Rheinland im November 2015 getroffen und die Unklarheiten konnten schnell ausgeräumt werden. Respekt und Anerkennung gebühren der Firma, die sich an das Thema herangewagt haben. Auch der in Fachkreisen bekannte Herr Dr.-Ing Heribert Schmidt vom ISE zeigte sich hinreichend beeindruckt.
Ich teile die Meinung Ihres Blogs dass der hohe Preis des Messgeräts nicht im Verhältnis steht zu dem Zeitgewinn bei der Suche nach Diodenfehlern.
Eine qualifizierte Messung der Stringspannung und eine thermographische Untersuchung sollten im Regelfall ausreichen um einzelne Diodenfehler aufzudecken.
Es kann zwar etwas dauern bis man aus einem 23er Modulstring das schwarze Schaf gefunden und den Fehler eingegrenzt hat aber dann gibt es keinen Zweifel mehr wo der Fehler liegt und durch was begründet ist. Man kann die Diode oder auch das ganze Modul ersetzen.
Ein Ablaufen der Module um diese zu Verschatten benötigt auch mit dem Z100 seine Zeit.
Sollte es ans Eingemachte gehen um systematische Fehler an den Modulen aufzudecken (Serienfehler der Dioden, schlechte Lötungen etc. ) ist ohnehin mehr know how gefragt als viele O&M Techniker mitbringen. Nicht dass ich hier generell die Fähigkeiten in Frage stellen möchte, jedoch lehrt mich die Erfahrung dass ein tieferes Verständnis auf dem PV Markt immer noch recht dünn gesät ist.
Ich habe in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht wenn ich mir die Rückströme der Strings im hochauflösenden Monitoring anschaue. Skytron setzt z. B. Shunt Messungen ein, die eine gute Betrachtung von Rückströmen erlaubt. Die Strings mit hohen Rückströmen im OC führen schnell zu den schadhaften Stellen im Feld. Eine Massenhafte Prüfung der Strings ist insofern nicht unbedingt notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Wagner
Dipl.-Ing.
Holger Wagner
Engineering/Reporting
abakus solar Service GmbH