Leise rieselt der Schnee

Seit Wochen sieht die Landschaft weiß aus, neuer Schnee ist bereits wieder angekündigt. Die Kinder beim Rodeln freut es, die Photovoltaikanlagenbesitzer weniger, die Stromproduktion ist zweifellos gedrosselt. Was kann man tun? Abkehren? Säubern? Beheizen? Oder geduldig abwarten, bis es taut, wissend der Tatsache, dass Wintererträge in diesen Schneetagen über das ganze Jahr gesehen ohnehin nicht rekordverdächtig sind?

Das Wichtigste zuerst: Sicherheit geht vor!

Natürlich gibt es jedem stolzen Solaranlagenbesitzer einen kleinen Stich ins Herz, wenn seine Solaranlage Winterschlaf hält, doch sollte hier kein Wagnis eingegangen werden. Keine Kilowattstunde Solarstrom ist es wert, Knochenbrüche oder Schlimmeres zu riskieren. Selbst ein Unfall mit Todesfolge kann bei einer Säuberung nicht gänzlich ausgeschlossen werden, von daher muss auf die Gefahr riskanter Kletteraktionen immer wieder deutlich hingewiesen werden!

Reinigungen ohne Absturzsicherung auf steilen, hohen Dächern (z.B. 2-stöckige Einfamilienhäuser) sollten unbedingt vermieden werden – NO GO!

Rückbestromung während des Schneefalls. Ein Modul wurde aus dem Strang enfernt und wurde daher nicht bestromt.Ein kleiner Trost für Photovoltaikanlagenbesitzern mit steilen Dächern: Auf diesen Dächern rutscht der Schnee auch wieder am schnellsten ab – ganz allein ohne äußeres Zutun …

Falls bei niedrigen Firsthöhen die Möglichkeit besteht, die Reinigung vom Boden auszuführen, können Fensterwischer mit verlängerten Besenstielen oder Teleskopstangen zum Einsatz kommen. Hierbei ist die Begrifflichkeit “vom Boden aus” wörtlich gemeint: mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehend. Eine hinzugenommene Leiter stellt bereits ein Risiko dar: Wie schnell rutscht eine Leiter auf dem vereisten Boden weg ….

Mancher Hausbesitzer säubert seine Anlage mit einer Teleskopstange von innen vom Dachfenster aus. Hier ist in der Regel aber meist nur ein Teil der PV-Anlage erreichbar und es gilt ebenso: Nichts riskieren! Wichtig: Der Fensterschieber darf keine scharfen Kanten haben etc., eine Beschädigung der Module muss ausgeschlossen sein. Eine Säuberung sollte im Optimalfall direkt nach dem Schneefall geschehen, bevor sich Eisschichten bilden können.

Rückbestromung eines Moduls mit 5cm Schneedecke nach 15 MinutenGibt es noch weitere Möglichkeiten der Schneeentfernung? Angeregt durch die täglichen Erfahrungen der heizbaren Heckscheibe im Auto kam uns im Jahr 2006 (damals noch tätig bei inek Solar ) eine andere Idee in den Sinn: Was beim Auto funktioniert, sollte doch auch bei Photovoltaikanlagen möglich sein … ??

Hierzu wurden Versuchsaufbauten erstellt und Messungen durchgeführt. Ein mit Schnee bedeckter Solargenerator wurde rückbestromt. Die Versuchsreihen wurden bei leicht beschneiten, als auch bei dickeren Schneedecken durchgeführt.

Man schafft es, bei Rückbestromung mit Nennstrom bei einer Außentemperatur um 0°C die Oberflächentemperatur der Solarmodule um ca. 3°C zu erhöhen. Das ist nicht viel, reicht aber bei Schneefall um die 0°C bereits aus, dass die Module schneefrei bleiben. Man muss in diesem Fall allerdings während des Schneiens permanent bestromen.

nach 2 Stunden ...Selbst wenn bereits etwas Schnee auf dem Solardach liegt, muss man nicht den gesamten Schnee elektrisch abtauen. Es genügt in der Regel, das Modulfeld anzutauen, dass ein Teil der Zellfläche schneefrei ist. Durch anschließendes Kurzschließen des Solargenerators kann man bewirken, dass die Photovoltaikanlage den Rest von selbst erledigt. (Dies funktioniert nur bei einer bestimmten Modulanordnung, da sonst die Bypassdioden aktiv werden) Da gefährliche Schneehöhen von 2m auf einem Dach normalerweise nie in einer einzigen Nacht fallen, kann so auf jeden Fall sicher vermieden werden, dass bestimmte Schneehöhen überschritten werden.

Die Energiemenge, die man dafür braucht, hängt sehr stark davon ab, wie steil die Dachneigung ist, da sich ein dünner Wasserfilm auf der Moduloberfläche bildet und der Schnee ins Rutschen kommt. Absolut hinderlich sind leider die Modulrahmen, die das Abrutschen des Schnees behindern. Bei einem Dach ab 25° Neigung ist die Energiemenge allerdings gar nicht so groß wie vielleicht vermutet, um den Schnee zum Abrutschen zu bringen. 1,5 – 2,0 kWh/kWp waren für eine Schneedecke von 5cm erforderlich. Wenn das Dach flacher ist und der Schnee getaut werden müsste, wird der Energiebedarf zu hoch. Bei 10cm Schnee auf flach liegenden Modulen passierte selbst nach 4 Stunden nicht viel.

Ob sich die Sache auch energetisch rechnet, bleibt offen. In Bayern – wo man auch im Winter mal die Sonne sieht – sicherlich eher als hier im Rhein Main Gebiet, das mitunter über Wochen im Nebel liegt.

Spätestens wenn die gesamte Branche nicht mehr nur auf Renditen achtet, sondern sich wieder mehr um Synergien und Zusatznutzen von Photovoltaikdächern kümmert, wird man das Thema sicherlich wieder aufgreifen, da Schneedecken auch das Risiko der zu hohen Dachbelastung und damit Einsturzgefahr mit sich bringen.

das Modul war bei 5 cm Schneedecke nach 6 Stunden schneefrei; bei leicht beschneiten Modulen dauerte es nur 30 Minuten.Die Modulhersteller sind bei dem Thema bislang noch zurückhaltend, doch da inzwischen im Rahmen der IEC 61215 Tests zur Rückbestromung obligatorisch sind, schreiben einige die Rückstrombelasbarkeit sogar schon in die Datenblätter. Für die Hersteller von trafolosen Wechselrichtern (ohne DC/DC Steller im Eingang) bedeutet die Leistungsumkehr lediglich eine Softwareänderung und ein paar Modifikationen, dass der Wechselrichter nicht bei ungeladenem Eingangselko zuschaltet. Es ist also ohne größeren Zusatzaufwand machbar.

Das Patent, das auf dieses Verfahren angemeldet werden sollte wurde leider nicht angenommen, weil es bereits in Japan vergleichbare Veröffentlichungen gab. Die Idee ist also schon lange nicht mehr neu.

Immerhin konnten zwei Wechselrichterhersteller (Kaco und Solutronic) dazu bewegt werden, sich des Themas anzunehmen und Konzepte zu entwickeln die eine Stromumkehr möglich machten. Solutronic bietet die DE-Icingbox an und hat wohl auch inzwischen einige Kunden, die das Gerät im Einsatz haben. Bei Kaco gibt es bisher nur Prototypen, die rückstromfähig sind.

Gebäude mit Rückstromtechnik von Solutronic in den Alpen (Quelle Solutronic)

Siehe auch:

DE-Icing Box von Solutronic

Eulektra Schneetauanlage in Oberstaufen

Snow Away: Mechanisches System von Schletter

Das norwegische Unternehmen Innos denkt Photovoltaik und Schneeschmelzsysteme mal ganz anders herum.(Ergänzung 2020)

Kommentare

  1. Entschuldigung, daß ich hier Werbung machen muß für unsere Chemikerin, Ing. Meggi Ratajczak. Doch verdient es einer Erwähnung, daß sie spezielle Nanobeschichtungen für PV-Module entwickelt hat. Eine davon ist photokatalytischer Art und speziell gegen organische Verschmutzungen gedacht, wie sie auf Dächern von Stallungen vorkommen. Das TOP-NANO-HEGE® Coating bewirkt aber auch ein schnelleres Abfließen von Schnee und Eis. Also erreicht man eine schnelle Schneefreiheit nicht nur mit Rückstrom, sondern auch mit der entsprechenden Nano-Beschichtung (bitte kein Nano für KfZ-Scheiben verwenden). Der Effekt ist auf Bildern vom Dezember 2009 unter http://www.hege-solar.de zu sehen.

  2. Funktioniert nicht überall,denn da wo Schneefänge oder auch aufgeständerte Anlagen vorhanden sind,kann der Schnee überhaupt nicht abfliessen,denn er staut sich von unten nach oben und da rutscht dann nichts mehr ab!

    Gruss ZST

  3. Seit 2006 gibt es “snowaway” dabei wird über ein Leinensystem ein Räumkörper verwendet, der das Herausrutschen des Schnees auf PV-Anlagen auslöst. Die billigste und beste Lösung. Leider von sturen Bauernköpfen nicht angenommen und daher wieder in der Versenkung verschwunden.

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