Was ist eigentlich so besonders an trafolosen Wechselrichtern ? Immer mehr Firmen bringen inzwischen Solarwechselrichter auf den Markt, die ohne Transformator arbeiten. Dies ist um so erstaunlicher, da auch einige Firmen dabei sind, die früher bei jeder Gelegenheit auf die angeblich höhere Sicherheit bei Trafogeräten hingewiesen haben und jahrelang nur Wechselrichter mit galvanischer Trennung (durch einen Trafo) angeboten haben.
In den Anfängen der Photovoltaik waren viele Experten der Meinung, man könne die Solarspannung nicht größer als die Schutzkleinspannung (120V) werden lassen, um Gefahren durch elektrische Schläge auf der Gleichstromseite sicher ausschließen zu können. Wie in der normalen Stromversorgung, bei der man ja auch mit 230 V operiert, setzte sich aber auch in der Photovoltaik immer mehr der Trend zu höheren Spannungen durch und das obwohl diese Spannungen in der Tat lebensgefährlich sind. Das gilt für die 230V Wechselspannung aus dem Netz genauso wie für die hohen Gleichspannungen in Photovoltaiksystemen mit trafolosen Wechselrichtern. Der Vorteil von hohen Systemspannungen liegt schlicht darin, dass man elektrische Leistungen bei höheren Spannungen mit wesentlich geringeren Strömen übertragen – und damit die stromabhängigen Verluste minimieren kann.
Beispiel: Sie wollen eine Leistung von 3,5 kW übertragen. Bei einem System mit 24V Systemspannung (z.B. Inselsystem mit Batterien) fließen hier 3500W/24V = 145,83A. Bei einem System mit einer Systemspannung von 400 V (z.B. netzgekoppelte Anlage mit trafolosem Wechselrichter) fließen gerade einmal 3500W/400V = 8,75A.
Wenn man sich die Verluste auf einer Stromleitung ansieht, erkennt man sofort was das bedeutet.
Beispiel: Der Leitungsweg sei 20m lang. Die Kabellänge, bei der Verluste entstehen, beträgt demnach 40m (Hin- und Rückleitung). In beiden Fällen soll die Verlustleistung nicht größer als 1% der übertragenen Leistung also 0,01*3500W = 35W sein.
Der elektrische Leitwert von Kupfer beträgt 1/58 Ohm/mm²*m. Die Verlustleistung in einem Kupferkabel berechnet man nach: Pverl = I²*R (das Quadrat des Stromes multipliziert mit dem Ohmschen Widerstand der Leitung.)
Im ersten Fall gilt daher: 35W = (145,83)² * (1/58*40/A) W (wobei A den Leiterquerschnitt repräsentiert.)
A = (145,83)² * 1/58 * 40/35 mm² = 419 mm².
Im zweiten Fall gilt : 35W = (8,75)² * (1/58*40/A) W (wobei A wieder den Leiterquerschnitt repräsentiert.)
A = (8,75A)² * 1/58 * 40/35 mm² = 1,5 mm².
Der Leiterquerschnitt muss demnach im ersten Fall mindestens 419mm² und im zweiten Fall nur mindestens 1,5mm² betragen.
Dieses einfache Beispiel zeigt sehr anschaulich, wie man durch Hochsetzen der Systemspannung den Verbrauch an Kupfer drastisch reduzieren kann ohne dabei größere Verluste zu bekommen. Dies gilt übrigens nicht nur für die Verluste auf der Verbindungsleitung vom Solargenerator zum Wechselrichter. Auch im Wechselrichter selbst kommt es zu Verlusten, die von der Höhe des fließenden Stromes abhängen, z.B. die Durchlassverluste der Leistungshalbleiter.
Ein weiterer Vorteil der trafolosen Wechselrichter besteht darin, dass man sehr viel mehr Solarmodule in Reihe verschalten kann und dadurch größere Leistungen pro Strang erhält. Bei einer großen Photovoltaikanlage von mehreren 100 kWp macht sich dies deutlich in einem niedrigeren Systempreis bemerkbar, da man wesentlich weniger Stränge verkabeln und im Betrieb überwachen muss. Der Nachteil des “mismatching” – also der Leistungsminderung, die dadurch verursacht wird, dass nicht alle Solarmodule die in einem Strang verschaltet sind exakt die gleiche Leistung aufweisen – wird immer geringer, da die Fertigungsstreuungen der Modulhersteller immer kleiner werden. So geben die meisten Hersteller inzwischen Toleranzen < +-3% an.
Doch wie funktioniert eigentlich ein trafoloser Wechselrichter ? Wenn es keinen Trafo gibt, muss die Spannung, die der Solargenerator erzeugt ja immer größer sein als die Netzspannung, in die er einspeisen soll und das auch bei geringer Einstrahlung und vor allem auch bei hohen Temperaturen.
Bevor ich mit der Erklärung des Sachverhaltes beginne, sei noch eines vorangestellt: Es gibt prinzipiell zwei Sorten trafoloser Wechselrichter:
- Die echten trafolosen Geräte, die aus einem variablen Gleichsstrom und einer variablen Gleichspannung einen Wechselstrom generieren, der in eine nahezu konstante Netzspannung eingespeist wird. Beispiele hierfür sind die Kaco POWADOR Serie oder die SMA SMC 6000TL -11000TL
- Die trafolosen Geräte, die aus zwei leistungselektronischen Baugruppen bestehen, nämlich einem DC/DC Wandler, der meist als Hochsetzsteller ausgeführt wird und dem eigentlichen trafolosen Wechselrichter. Typische Vertreter hier sind die SMA SB 4000TL oder SMA SB 5000TL
Ich bezeichne die erste Gruppe als echte trafolose Wechselrichter, da nur bei diesen Geräten der Wirkungsgradvorteil eines trafolosen Gerätes voll ausgeschöpft werden kann. Bei der zweiten Gruppe kommt es im Hochsetzsteller natürlich auch zu Verlusten, daher wird deren Wirkungsgrad immer etwas niedriger liegen.
Die Netzspannung ist ja in Deutschland auf einen Wert von 230V (+-10%) genormt. Um zu verstehen wie hoch eine Solargeneratorspannung mindestens sein muss, um in dieses Netz trafolos einspeisen zu können, muss man wissen, dass es sich hierbei um einen Effektivwert der Spannung handelt. Der tatsächliche Scheitelwert der sinusförmigen Netzspannung liegt tatsächlich bei 230V * Wurzel(2) = 325,27V. Der Solargenerator muss daher zu jeder Zeit eine Spannung erreichen, die über diesem Wert liegt. Echte trafolose Wechselrichter kann man aus diesem Grund auch bereits am Datenblatt daran erkennen, dass die zulässige Mindestspannung am Eingang Udcmin immer über diesen 325 V liegen muss.
Dass dies überhaupt möglich ist, liegt an einer Eigenschaft von Solargeneratoren, die für Laien auf den ersten Blick nicht unbedingt intuitiv ist. Die Solarmodule erreichen Ihre Spannung nämlich schon bei einer sehr niedrigen Einstrahlung. Diese Spannung erhöht sich auch nur unwesentlich wenn die Module stärker von der Sonne beschienen werden. Was sich dagegen signifikant ändert, ist der Strom, den man dem Modul entnehmen kann ohne dass seine Spannung komplett zusammenbricht. Es ist daher auch nicht notwendig die Spannung des Solargenerators bei niedrigen Einstrahlungen mit einer Elektronik künstlich anzuheben. Man muss bei der Auslegung des Solargenerators lediglich darauf achten, dass dieser auch bei sehr hohen Temperaturen noch mindstens die 325 V erreicht (siehe hier). Ist die Netzspannung am Einspeisepunkt einmal höher und liegt z.B. bei 243 V muss natürlich auch die mindestens benötigte Solargeneratorspannung um den gleichen Wert wachsen und liegt dann bei 243* Wurzel(2) = 344 V. In der Praxis bedeutet dies, dass immer eine bestimmte Mindestanzahl an Modulen in Reihe geschaltet werden muss um diese Spannung zu erreichen.
Beispiel: Arbeitet man mit Solarmodulen mit 72 Stück 5″ Zellen (z.B. Schott poly 175 oder BP 3170) haben diese in der Regel eine Mpp Spannung von ca. 34V. Bei 65° Modultemperatur reduziert sich diese Spannung auf ca. 5,76V auf 28,24V. Um an einem trafolosen Wechselrichter arbeiten zu können, benötigt man von diesem Modultyp daher mindestens: 325V/28,24V = 11,5 also 12 Module. Berücksichtigt man noch, dass die Netzspannung auch einmal bei 1,1*230V = 253V liegen kann so sollten es mindestens: 253V*Wurzel(2)/28,8V = 12,66 also 13 Module sein. Wichtig ist außerdem zu berücksichtigen, dass es 13 “unverschattete” Module sein sollten. Wenn nur ein Modul verschattet ist, bedeutet dies dass keine ausreichende Spannung mehr zur trafolosen Einspeisung zur Verfügung steht und der gesamte Strang kann nur noch den Strom des verschatteten Moduls liefern. Trafolose Wechselrichter sind daher besonders bei großen unbeschatteten Dachflächen die erste Wahl. (siehe hier)
Trotz aller unbestrittenen Vorteile von trafolosen Wechselrichtern sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die hohen Spannungen auf der Gleichspannungsseite auch erhöhte Sicherheitsanforderungen nach sich ziehen. So müssen die eingesetzten Solarmodule auf jeden Fall die Anforderungen der Schutzklasse II erfüllen. Außerdem muss der Plus- und der Minusleiter der Gleichstromhauptleitung auf jeden Fall in getrennten Kabeln verlegt werden (nicht in einem Kabel mit mehreren Leitern). Aus Sicherheitsgründen wird außerdem empfohlen, die Plus- und die Minusleiter in getrennten Leerrohren zu verlegen, um Spannungsüberschläge auch bei beschädigtem Kabel sicher zu vermeiden. Die Lichtbögen, die hier entstehen können verlöschen im Gegensatz zu einem Wechselstrom nicht, da es keinen natürlichen Spannungsnulldurchgang gibt. Im Zusammenhang mit dem Thema Brandschutz und Brandbekämpfung wurde in der letzten Zeit häufig darüber diskutiert, wie man Solargeneratoren mit hohen Gleichspannungen im Brandfall sicher abschalten kann, um die Feuerwehr nicht bei den Löscharbeiten zu gefährden.