Die Erstinbetriebnahme von Photovoltaikanlagen

Viele Photovoltaikanlagen die uns in unserer täglichen Arbeit begegnen bleiben deutlich unter ihren Möglichkeiten in Bezug auf Stromertrag und Ausfallsicherheit. Teilweise bleiben einfache Fehler schon vom ersten Betriebstag an Jahre lang unerkannt und führen so zu dauerhaften Mindererträgen, die man leicht hätte vermeiden können. Grund genug einmal einen Artikel zu diesem Thema zu schreiben, der sich ausdrücklich an Betreiber von PV-Anlagen wendet und das sonst übliche Fachchinesisch hier im Blog zu vermeiden versucht. Continue reading “Die Erstinbetriebnahme von Photovoltaikanlagen”

Schleichende Ertragsminderung an Solarstromanlagen

In diesem Artikel geht es um die Beschreibung eines typischen Fehlers an Solarmodulen, der zu einer schleichenden Minderung des Stromertrages führt, ohne dass der Betreiber dies unmittelbar bemerkt. Das Phänomen wurde schon einmal in diesem Artikel  hier im Blog beschrieben. Da es relativ häufig auftritt, möchte ich es hier noch einmal etwas ausführlicher beschreiben. Continue reading “Schleichende Ertragsminderung an Solarstromanlagen”

Die PV Branche braucht einen professionellen Umgang mit Problemen

if you don’t fail you are not innovative enough
Wer Fortschritt und technische Innovationen haben möchte, muss neue Dinge ausprobieren. Elon Musk bringt es auf den Punkt mit dem Satz „if you don’t fail you are not innovative enough“ Niemand, der Neues probiert, kann im Vorfeld einer Markteinführung alle Eventualitäten späterer Probleme zu 100% abschätzen und alle Risiken vermeiden. Jede unternehmerische Investition ist daher mit Risiken verbunden und die Ökonomen erklären uns, dass die Verzinsung auf das eingesetzte Kapital eine Prämie für das eingegangene Risiko darstellt. Lässt man das Geld unter dem berühmten Kopfkissen liegen, ist es eben sicherer, als es in ein unternehmerisches Vorhaben mit ungewissem Ausgang zu investieren. In der Photovoltaikbranche sind wir darauf angewiesen, die Preise immer mehr nach unten zu senken, damit Solarstrom konkurrenzfähig und irgendwann sogar einmal billiger wird als die mit Erdöl und Erdgas bereit gestellten Energieprodukte. Das ist (hoffentlich) unser aller Ziel und niemand wird sagen können, dass dieses Ziel erreicht werden kann, ohne jegliches Risiko einzugehen.
In der Photovoltaikbranche werden diese Risiken auf allen Wertschöpfungsebenen eingegangen, sei es bei der Einführung neuer Verfahren zur Silizium Herstellung, sei es bei der Zellherstellung, der Modulherstellung, bei der Erprobung neuer Einbettungsverfahren für die Zellen oder sei es beim Endkunden, der sich schließlich eine PV Anlage auf seine Gewerbeimmobilie oder sein Privathaus installiert. Keine dieser Investitionen ist ohne Risiko und wer sich nicht selbst was vormacht, weiß das auch. Dafür wird die Bereitschaft zum Eingehen dieses Risikos ja auch mit einer entsprechenden Prämie, nämlich der Verzinsung des eingesetzten Kapitals, belohnt.

Was passiert nun, wenn der Fall eintritt, dass sich herausstellt, dass an einer Stelle der Wertschöpfungskette ein Problem auftritt, und das eingegangene Risiko offenbar zu groß war ?
Das ist keineswegs die totale Katastrophe, sondern ein ganz normaler Vorgang. Sicherlich kann und muss man sich zu Recht darüber unterhalten, wie groß ein Risiko maximal sein sollte und dass es ein No Go ist, wenn andere massiv bedroht werden oder es vielleicht sogar lebensgefährlich wird.

Ich habe diese lange Vorrede zu meinem eigentlichen Thema gewählt, weil ich klar machen will, dass wir nur durch Trial and Error lernen und besser werden können und dass wir als Branche dazu verdammt sind, Dinge auszuprobieren und damit eben auch Fehler zu machen. Wenn dann allerdings ein Problem auftritt, sind wir moralisch dazu verpflichtet, mit diesem Problem auch transparent umzugehen und dafür zu sorgen, dass der eingetretene Schaden auch entsprechend dem eingegangenen Risiko fair unter allen Marktpartnern verteilt wird. Es kann eben nicht sein, dass man auf einer bestimmten Wertschöpfungsebene ein Problem erkennt und sich dann so lange tot stellt oder wegduckt, bis es nicht mehr anders geht. Wie oft ist es schon passiert, dass am Ende die kleinen Handwerksbetriebe oder die Endkunden auf einem riesigen Berg von Problemen sitzen geblieben sind und sich die Marktteilnehmer, die als erste von einem Problem erfahren haben und bislang die größten Stücke am Kuchen innerhalb der Wertschöpfungskette eingesteckt haben, sich durch eine frühzeitige Insolvenz aus der Verantwortung gestohlen haben.

Es gibt ein Problem
Wir haben ein Problem in der Photovoltaikbranche und es deutet sich an, dass es sich um ein gewaltiges Problem handelt. Wir müssen dringend reden und wir müssen dringend für Transparenz und einen offenen Umgang mit dem Problem sorgen. Ich spreche vom Versagen von Rückseitenfolien und dem damit verbundenen Verlust der Isolationsfestigkeit der Solarmodule. Wenn das Problem eintritt, treten immer häufiger Isolationsfehler auf, die irgendwann einmal auch die Wechselrichter dazu veranlassen, die Anlage aus Sicherheitsgründen nicht mehr einzuschalten.

Risse in der Rückseitenfolie von (Foto: Denis Willwater Fa. inspectis)
Risse in der Rückseitenfolie von (Foto: Denis Willwater Fa. inspectis)

 

Am Ende kommt es zum vollständigen Zusammenbruch der Module (Fotos: Dennis Willwater inspectis)
Am Ende kommt es zum vollständigen Zusammenbruch der Module (Fotos: Denis Willwater Fa. inspectis)

Das Problem tritt am Anfang nur bei feuchter Witterung ein, irgendwann kommt es dann immer öfter und irgendwann geht der Wechselrichter überhaupt nicht mehr ans Netz. Es wurden Module beobachtet, bei denen man beim Berühren der Rückseite leichte elektrische Schläge bekommt. Hier ist also die Betriebssicherheit der Anlagen nicht mehr gewährleistet. Es wurden Fälle beobachtet, bei denen sich zwischen den Zellen ein Rissmuster gebildet hat, dass offenbar dazu führt, dass Feuchtigkeit in die Module eintreten kann. In der Folge führt dies dazu, dass Zellverbinder korrodieren und hochohmig werden. Das bewirkt wiederum das Platzen der Frontgläser und schließlich den völligen Kollaps der betroffenen Module. Wir reden in solchen Fällen von einem Totalverlust im Megawattbereich. Es gibt Berichte, dass ein verwendeter Typ von Rückseitenfolien besonders stark betroffen ist, es gibt aber auch Berichte von versagenden Rückseitenfolien von anderen Herstellern. Es kursieren Gerüchte von Reparaturmöglichkeiten in Fällen, wo das Problem noch nicht weit vorangeschritten ist, z.B. durch Reparaturfolien, die auf die Rückseiten der betroffenen Module aufgebracht werden könnten. Andere Kollegen sind eher skeptisch, da sich die Fehlerströme eher quer durch die schadhaften Folien zum Modulrand und damit zum leitfähigen Modulrahmen hinbewegen. Das Problem oder besser gesagt die Probleme wurden zuerst in den südeuropäischen Ländern beobachtet und man geht davon aus, dass höhere Temperaturen und auch höhere Luftfeuchtigkeit die Problematik verstärken.

In einem frühen Stadium lässt sich das Problem durch die Beleuchtung des Moduls mit einer hellen LED Lampe erkennen.

Das Ausmaß
Das Ausmaß des Problems liegt derzeit noch völlig im Dunkeln. Es ist lediglich bekannt, dass viele große Hersteller betroffen sind. Die am meisten in Verdacht stehende Rückseitenfolie wurde offenbar in einem Zeitraum von 2010–2014 verbaut. Das Problem tritt offenbar nach 5 – 6 Jahren auf, in warmen und feuchten Klimazonen auch schneller. Die Module haben dann noch Isolationswerte zwischen 3 und 10 MOhm. Es kursieren Zahlen der betroffenen Module in einer Größenordnung von weltweit 10 GWp.
Als ich diese Zahl zum ersten mal gehört habe, ist mir im wahrsten Sinne des Wortes die Kinnlade herunter gefallen. Es geht hier also um eine Größenordnung, die im schlimmsten Fall das gesamte „Projekt Energiewende“ gefährden kann. Zum Vergleich: In Deutschland erreichen wir in diesem Jahr eine Gesamtzahl von 52 GWp installierter Leistung.

Aufforderung an die Branche
Ich möchte daher diesen Artikel, in dem alles steht, was ich im Moment zum Thema weiß, dazu benutzen, die Branche aufzufordern, maximal mögliche Transparenz zu schaffen. Wir müssen dieses Problem adressieren. Es geht nicht darum, einzelne Hersteller an einen Pranger zu stellen. Wir müssen dringend wissen, welche Module genau betroffen sind.
Da die Modulhersteller für jedes Modul eine sogenannte BOM (Bill of Material = Rezept zum Aufbau der Module) haben, muss davon ausgegangen werden, dass die Modulhersteller wissen, welche Module betroffen sind. Wir müssen wissen, ob es Rettungsmöglichkeiten gibt. Wir müssen außerdem wissen, bei welchen Folientypen konkret die Gefahr gefährlicher Berührungsspannungen besteht. Nur wenn die maximal mögliche Transparenz hergestellt wird, besteht die Möglichkeit einer fairen Lastenverteilung zur Beseitigung des eingetretenen Problems. Nur wenn uns diese Kraftanstrengung gelingt, kann auch unser gemeinsames Projekt einer Solarisierung der Welt-Energiewirtschaft gelingen. Die Modulhersteller müssen transparente Verfahren zur Abwicklung von Schadensfällen etablieren, wie das auch bei anderen Problemen in der Vergangenheit gemacht wurde. Rückrufaktionen oder Reparaturangebote wie in anderen Branchen auch, müssen auch Normalität in der PV-Branche werden.

Mein Appell
Wir müssen es als Gesellschaft zulassen, das Fehler passieren, wir müssen diese Fehler dann aber auch als Gemeinschaft benennen und gemeinsam beheben.

Matthias Diehl 21.02.2020

Der pvTector ist jetzt wieder verfügbar

Der pvTector ist damals entstanden, als viele Firmen von den „brennenden Anschlussdosen der Fa. Scheuten“ betroffen waren und man vor der Aufgabe stand, herauszufinden in welchem Modul eines Modulstranges die Unterbrechung war. Ohne pvTector musste man dafür den Strang immer wieder halbieren, um so den Fehler systematisch einzukreisen. Continue reading “Der pvTector ist jetzt wieder verfügbar”

Rezo, Fridays for future und die Initiative neue soziale Marktwirtschaft

Klimastreik 20.09.2019 FFF München; twitter

Dieser Artikel ist meiner Tochter gewidmet. Ihrer Generation und aller zukünftigen #HowDareYou!

Ich bitte jeden Leser und jede Leserin, jede Mama, jeden Papa, jede Oma, Opa oder Jugendlichen, mitzuhelfen, diese Hintergrund-Infos max. weit zu verbreiten. Und insbesondere die FFF-Gruppen darauf aufmerksam zu machen, damit sie nicht Leidtragende der schon so oft angewandten Lobbymethoden der fossil-atomaren Wirtschaft werden. DANKE.

The change is coming, whether you like it or not!

Es ist schon einige Monate her, als Rezo mit seinem Video „die Zerstörung der CDU“ für erheblichen Wirbel sorgte. Das Video hat mittlerweile mehr als 15,8 Mio. Aufrufe und hatte selbst das Ergebnis der Europawahl beeinflusst. Es hat offensichtlich einen Nerv getroffen und das Bauchgefühl einer ganzen Generation zum Ausdruck gebracht. Rezos Video behandelt viele Themen, hatte aber als Schwerpunkt das, was seit Monaten und auch in den Schulferien haufenweise junge Menschen auf die Straße getrieben hat: die Angst vor einer zerstörten Zukunft aufgrund der Folgen des Klimawandels und der Wut darüber, dass nur geredet, aber nicht gehandelt wird. Ohne die Fridays-for-future-Bewegung wäre das Rezo-Video niemals auf so viel Interesse gestoßen und wäre niemals so viral gegangen. Was sind die Folgen des Rezo-Videos?

Zum einen werden sich Lobbyagenturen in Zukunft verstärkt der YouTube-Szene widmen und ihre Einflussnahme, die ohnehin bereits im Internet zu beobachten ist, auch auf dieses Medium ausweiten. Zum Zweiten war abzusehen, dass deutsche Großkonzerne und deren Wirtschaftsverbände der Wucht der Fridays-for-future-Bewegung oder der erstaunlichen Verbreitung von Rezos Video nicht tatenlos zusehen. Seit Ende Juni hatte die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft eine neue Themenkampagne begonnen: „Klimaschutz“. Am 27.06.2019 verkündete sie auf ihrer Facebook-Seite:

„Seit der Europawahl ist klar: Der Klimawandel ist in der Mitte der politischen Debatte angekommen. Aber zwischen Klimazielen und Emissionshandel befinden sich vielzählige weitere komplexe Themen. Wir wollen mit unserer Faktensammlung Klarheit schaffen.“

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mit Sitz in Berlin (Georgenstr. 22, 10117 Berlin) ist eine im Jahr 2000 gegründete Lobbyorganisation deutscher Großunternehmen, die sich den Anschein von Unabhängigkeit und Überparteilichkeit gibt. Alleingesellschafterin der INSM GmbH ist die IW Medien GmbH, die wiederum eine 100-prozentige Tochter des IW Köln (Institut der deutschen Wirtschaft) ist. Das IW Köln (früher Deutsches Industrie Institut DI) hat bereits seit der Gründung im Jahr 1951 als Trägervereine die beiden Wirtschaftsverbände BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) und BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände). Man könnte auch sagen, dass die INSM so etwas wie die PR-Abteilung von BDI und BDA ist.

Diese führte ab dem Jahr 2000, seit ihrer Gründung, einen regelrechten Feldzug gegen den Sozialstaat. Die Agenda 2010, die Einführung der privaten Altersvorsorge, die Zunahme an Mini-Jobs, Werkverträgen und vieles mehr sind Ergebnisse der direkten und indirekten INSM-Lobbyarbeit. Sie nennt sich Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, doch das „Neue“ lässt sich am besten übersetzen mit KEINE SOZIALE Marktwirtschaft. Seitdem 2012 Wolfgang Clement Kuratoriumsvorsitzender der INSM geworden ist, ist auch die Umwelt- und Energiepolitik dazugekommen.

2012 gab es den für diese Lobbyorganisation so typischen Etikettenschwindel in Form der INSM-Kampagne „EEG stoppen – Energiewende retten“. EEG = Erneuerbare Energien Gesetz. Jahre zuvor wurde durch Einflussnahme vom BDI mittels der sehr stark gestiegenen Industrieausnahmen, sowie Einflussnahme des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) mittels des 2009 geänderten Wälzungsmechanismus (Implementierung des EEG-Paradoxons durch Merit-Order und sinkende Börsenstrompreise) die EEG-Umlage politisch künstlich aufgebläht. So wurde z.B die 75%ige Steigerung der EEG-Umlage-2010 in Medien und der öffentlichen Debatte alleinig der 22%igen Steigerung der Förderkosten von 2009 auf 2010 durch neugebaute Anlagen angelastet, was absurd war. Die starke Abweichung zwischen der Entwicklung der Förderkosten und der Entwicklung der EEG-Umlage vor und nach 2009 kann jeder selbst mit einem Taschenrechner anhand der Originalzahlen überprüfen. Als die EEG-Umlage weiterhin durch die politisch gewollte Aufblähung unvergleichlich stärker anstieg, als sie allein durch die Förderkosten neuer EEG-Anlagen hätte ansteigen können, wurde der Anstieg der EEG-Umlage tatsachenverdrehend  nach wie vor allein den Förderkosten der Anlagenbetreiber angelastet und das EEG und die dadurch bis dahin sehr schnell gewachsene Bürgerenergiewende in einer beispiellosen Hetzkampagne (“Strompreisexplosion durch Öko-Subventionen”) zum Abschuss freigegeben.

Plakataktion der INSM 2012 in Berlin; Gegenaktion durch Berliner Spontis als Reaktion

Das Ergebnis war anhand der dadurch forcierten EEG-Novellen ein kompletter Zusammenbruch des Photovoltaik-Zubaus mit über 82.000 verlorenen Arbeitsplätzen vor allem im Handwerk und Handel, sowie der seit 2018 erfolgte Zusammenbruch des Onshore-Wind-Zubaus, zusätzlich verstärkt durch Gegenbewegungen wie „Gegenwind“ oder „Vernunftkraft“. Der erwartete Arbeitsplatzverlust bei Wind-Onshore liegt bei derzeit 40.000. Die Arbeitsplatzargumentation (Braunkohle 20.851 + Steinkohle 8.400) des Wirtschaftsministers Altmaier gegen den von Fridays for future geforderten Kohleausstieg bis 2030 entlarvt sich in Anbetracht dessen als das, um was es wirklich geht: Schutz vor stranded Investments für diejenigen, die in fossile Energien investiert haben.

Mit der INSM-Themenkampagne von 2012 wurde nicht die Energiewende gerettet, sondern eher die großen atomar-fossilen Stromkonzerne vor der bis dahin erfolgten Bürgerenergiewende. Denn das von der INSM propagierte „Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien“, umgesetzt durch die EEG-Novelle 2014 und 2017, ist maßgeschneidert für die großen Energieunternehmen. Zum einen hat es lästige Konkurrenz aus dem Weg geräumt, den Prozess des Wandels gebremst und zugleich den Weg dafür geebnet, selbst mehr Marktanteile bei erneuerbaren Energien zu gewinnen. Dieser Anteil war bislang verschwindend gering.

Das frühere EEG glich nämlich einem gewaltigen Umverteilungsprogramm. Die Einnahmen aus der Stromproduktion landeten nicht wie im fossil-atomaren System ausschließlich auf den Konten von börsennotierten Aktiengesellschaften, sondern kamen zu großen Teilen auch unzähligen Landwirten, Familien, Stadtwerken, Gemeinden, Landkreisen, Schulinitiativen, Energiegenossenschaften, Handwerksbetrieben und mittelständischen Produktionsbetrieben zugute.

Wer mit dem Zug von Nord nach Süd fährt, kann diesen Wandel deutlich sehen. Die Mitmach-Energiewende hatte bis zu Beginn der Gegenkampagne eine sehr hohe Zustimmung in der Bevölkerung und wuchs sehr schnell. Als die Zahl der Energiegenossenschaften rasant anstieg, diese auch noch mit innovativen PV-Mieterstrommodellen den Bevölkerungskreis der Bürgerenergiewende erweitern konnten und endlich auch Mieter im sozialen Wohnungsbau vom EEG profitierten, wurde von der INSM und dem Ausführungsorgan Gabriel/Altmaier eilig die Notbremse gezogen. Mit massiven Vergütungskürzungen, Ausschreibungen, verpflichtender Direktvermarktung ab 100 Kilowatt und einer Eigenverbrauchsabgabe (für Direktlieferungen von Solarstrom muss EEG-Umlage in voller Höhe gezahlt werden) wurde insbesondere den Genossenschaften die wirtschaftliche Grundlage für ihre Mieterstromprojekte entzogen.

Das überbordend bürokratische Mieterstromgesetz, das 2017 eingeführt wurde, war ebenfalls wieder Etikettenschwindel. In der Realität brachte es weitaus mehr Hemmnisse und Einschränkungen für Mieterstrommodelle als Chancen. Gerade einmal gut 1,5 Prozent des möglichen Förderrahmens von 1.000 Megawatt – konkret 15 Megawatt – sind nach knapp zwei Jahren ausgeschöpft worden.

Offshore-Wind wurde bei dem Kahlschlag gegen die erneuerbaren Energien übrigens ausgelassen und steht auch nicht medial unter Beschuss. Obwohl dieser Marktanteil seit 2013 regelrecht explodierte, mehrere Jahre die höchste Einspeisevergütung bekam und Preistreiber bei der EEG-Umlage wurde. Offshore-Wind wurde im Gegensatz zu den anderen Erneuerbare-Energie-Arten nicht zum größten Teil von Landwirten, Familien, Schulinitiativen, Energiegenossenschaften oder mittelständischen Betrieben errichtet. Offshore-Wind in Deutschland ist fest in der Hand großer Energiekonzerne, Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften weltweit. Hier gibt es keine Genossenschaften.

Einen guten Einblick in die Arbeitsweise der INSM erhält man über diese drei Videos von Politmagazinen aus dem Jahr 2005. Die Themen und Köpfe waren völlig andere als heute. Die Methoden sind aber identisch geblieben.

INSM-Kampagnen werden umgesetzt, indem zunächst Begriffe der Gegenseite („sozial“, „Gerechtigkeit“, „Energiewende“) okkupiert werden und dafür gesorgt wird, eine neue Assoziation zu den Begriffen im ökonomischen Interesse von Wirtschaftsunternehmen und Vermögenden herbeizuführen. Der INSM-Content wird permanent über alle Kanäle geflutet, ohne dass der Absender sichtbar wird. Durch dauerhaftes, intransparentes, flächendeckendes Platzieren und Erzeugen von Schlagzeilen in Print, TV, Funk und Internet über einen langen Zeitraum werden die INSM-Botschaften in die Köpfe der Menschen gebracht. Ergänzt werden INSM-Themenkampagnen durch Anzeigen- und Plakatkampagnen.

Hinzu kommt Einflussnahme in Talkshows (von 6 Talkshowgästen sind z.B. 3-4 INSM-Botschafter oder „prominente Köpfe“ der jeweiligen Themenkampagne, ohne dass deren INSM-Zugehörigkeit kenntlich gemacht wird). Das Erstellen von einseitigen Unterrichtsmaterialien für Lehrer im Sinne der Interessen von Großunternehmen über das Lehrerportal Wirtschaft und Schule setzt der Meinungsbeeinflussung noch die Krone auf. Parallel findet durch betroffene Wirtschaftsverbände direkte Einflussnahme auf Politiker und Mitformulieren von Gesetzesvorschlägen statt.

Die Interessensorganisation der großen deutschen Wirtschaftsunternehmen stellt sich nach außen als „Anwalt des kleinen Mannes“ dar, die soziale Marktwirtschaft, Gerechtigkeit, Energiewende oder Klimaschutz will. Sie bewirkt mit ihren Vorschlägen und den daraus generierten Gesetzesvorlagen aber immer genau das Gegenteil dessen, was sie vorgibt, erreichen zu wollen.

Es geht bei dem indirektem Lobbying der INSM darum, Einfluss zu nehmen auf die Mehrheitsmeinung innerhalb einer öffentlichen Debatte. Diese zu lenken oder auch um 180° zu drehen. Wer am Ende die Herrschaft in einer Debatte erringt, dem winkt der höchste Preis – eine Politik nach seinem Gusto.

Die aktuelle INSM-Themenkampagne lautet „Klimaschutz“. Konkret heißt das: 2-Grad-Ziel statt 1,5-Grad-Ziel, Emissionshandel statt schnellem Kohleausstieg, Ausbremsen schneller, massiver Klimaschutzmaßnahmen für die Industrie, Verhindern von Energiewende und Verkehrswende, Verhindern einer CO2-Steuer, Erdgas-Offensive, Beenden EEG.

Noch vor einem Jahr gab es laut den der SZ vorliegenden internen Unterlagen Lobbystrategieempfehlungen vom europäischen Industrieverband BusinessEurope, wie zukünftig mögliche schärfere Vorgaben der EU-Kommission für Klimaschutz (auf 45 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030, verglichen mit 1990) von seinen Mitgliedern (in Deutschland BDI und BDA) ausgebremst oder verhindert werden können.

  • Option 1: „Umarmen“, d.h. sich dem positiv gegenüber verhalten, solange es ein rein politisches Papier bleibt und keine Auswirkungen auf die Industrie hat.
  • Option 2: „Verweis auf globales Spielfeld“ Die Industrie Europas könne nicht alleine vorneweg gehen, denn dies bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit.
  • Option 3: „challenge the process“: Bei dieser Lobbystrategie stellt die Industrie den gesamten Prozess infrage, zweifelt an, ob die Klimaziele fair und transparent berechnet wurden, die ökonomischen Folgen ausreichend abgeschätzt wurden oder neue Risiken drohen.
  • Option 4: „Minimieren“. Diese Lobbystrategie ist die perfideste. Bei dieser Lobbystrategie setzt man darauf, andere große Volkswirtschaften davon zu überzeugen, zur EU aufzuschließen und den Umbau in Europa zum Erfolg zu machen. Die Industrie würde sich damit scheinbar an die Spitze der Klimaschützer setzen – und von dort aus die schärferen Vorgaben minimieren.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Wirtschaftsverbände und Unternehmen, die sich noch vor einem Jahr Strategien ausdachten bzw. von Lobbyagenturen ausarbeiten ließen, wie man strengere Klimaschutzziele ausbremsen und verzögern kann, es heute ernst meinen mit ihren Bekenntnissen zum Klimaschutz? Zumal sich zufälligerweise jede der vier empfohlenen Lobbystrategien in den derzeit zu hörenden Argumentationen als auch auf der INSM-Website finden lässt.

Das Ziel von Wirtschaftsverbänden und der INSM als ausschließliches Instrument für Klimaschutz ist der Emissionszertifikatehandel ETS bzw. CO2-Deckel, wie es von den Kreativköpfen der zuarbeitenden Kommunikationsagentur betitelt wurde. Emissionshandel gibt es seit 2005 in Europa, somit seit bereits 14 Jahren. Er ist ziemlich wirkungslos geblieben. Durch Lobbyeinfluss der CO2-erzeugenden Konzerne wurde dafür gesorgt, dass ein riesiger Überschuss an Zertifikaten auf den Markt kam, diese zu Beginn auch noch verschenkt wurden und den CO2 erzeugenden Stromkonzernen ein Zusatzgewinn von ca. 30 Mrd. Euro verschafft wurde, indem diese die betitelten CO2-Preise der in Wirklichkeit geschenkten Zertifikate auf die Stromkunden umlegten.

Statt auf die sofort umsetzbare Lösung, fossile Subventionen zu streichen oder wie von Prof. Dr. Volker Quaschning (scientiests for future) gefordert, Hürden zu beseitigen und ein hohes Ausbautempo der Energiewende der Bürger zu ermöglichen mit Sonne und Wind, die bereits jetzt die günstigsten Stromgestehungskosten haben, wird auf Emissionshandel gesetzt. Mit dem Emissionshandel wurde ein Instrument geschaffen, mit dem man gerade Emissionen erzeugen muss, damit Investmentbanker, die damit Milliarden verdienen und an dessen Aufrechterhaltung großes Interesse haben, weiter handeln und weiter Milliarden verdienen können.

Der Emissionshandel setzt rein auf die Kräfte des Marktes und überlässt den Klimaschutz ausschließlich den Akteuren, die das Problem verursacht haben: den größten Treibhausgas-Emittenten zusammen mit Finanzakteuren. Die Vergangenheit bewies, dass das System maximal anfällig für Geschäftemacherei und Betrug ist.

Investitionen löst der ETS immer nur dann aus, wenn die Vermeidungskosten durch das Abschalten von Anlagen oder einer Investition zur Emissionsminderung geringer sind als das jeweils aktuelle oder für die Zukunft erwartete Preisniveau der Zertifikate. Die betroffenen Unternehmen kauften in der Realität jedoch bereits in der Vergangenheit eher günstige Emissionsrechte (vor allem aus Osteuropa), als in die Reduktion von Treibhausgasen zu investieren, und sichern zukünftig möglicherweise steigende Zertifikatspreise durch Sicherungsgeschäfte, das sogenannte „Hedging“, ab. Schneller und effektiver Klimaschutz sieht anders aus.

Die genauen Zahlen und Grenzen des CO2-Deckels werden von der INSM im Rahmen ihrer Themenkampagne nicht benannt. Diese werden sicherlich derzeit wie bei vorherigen Energie- und Umweltthemen auch von den in Berlin aktiven Lobbyisten der betroffenen Unternehmen und Wirtschaftsverbände direkt mit dem Wirtschaftsministerium und Kanzleramt ausgehandelt. Zusammen mit Ausnahmeregelungen, Begünstigungen u.a. Möglichst schmerzfrei für große CO2-Emittenten und somit unwirksam.

Wie entscheidend diese Grenzen und Rahmenbedingungen sind, zeigte sich bereits 2004. Der damalige Bundeswirtschaftsminister und heutige INSM-Kuratoriumsvorsitzender Wolfgang Clement, der sich bereits als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen für die Fortsetzung der Steinkohlesubventionen und der Förderung großindustrieller Braunkohle-Projekte wie Garzweiler II einsetzte, handelte im Sinne von RWE bessere Emissionshandelskonditionen beim Nationalen Allokationsplan (NAP) für Energiekonzerne und Industrie aus (von 2006-2012 war Clement Aufsichtsratsmitglied von RWE Power AG). Im NAP wurde festgelegt, wie viel CO2 die Industrie insgesamt künftig ausstoßen darf und wie diese Menge über Emissionszertifikate auf die einzelnen Kraftwerke und Fabriken verteilt wird. Greenpeace reagierte mit einer Aktion und projizierte einen Totenkopf in die Abgaswolke des RWE-Kraftwerks und an einen Kühlturm mit dem Spruch „Kohle-Clement zerstört unser Klima“. Das war 2004 …. wir haben heute 2019!

Hermann Scheer formulierte in seinem Buch „der energethische Imperativ“ zum Emissionszertifikatehandel bereits 2010:

„Der Handel mit den Zertifikaten oder deren Verrechnung findet innerhalb des Systems der fossilen Energieversorgung statt, konserviert damit deren Strukturen, wirkt innovationshemmend für Erneuerbare Energien und bremst auch dadurch den Energiewechsel. Die Rolle der konventionellen Energiekonzerne und deren Einfluss auf das Regierungshandeln bleiben weitgehend unangetastet. Aus Instrumenten des Klimaschutzes werden Vehikel für die Bestandssicherung der fossilen Energiewirtschaft.“

Die Fridays-for-future-Jugend hatte im Rahmen ihrer Freitagsaktionen am 16. August 2019 Demonstrationen vor den Gebäuden von INSM und IW in Berlin und Köln mit dem Slogan „INSM bedroht Paris. Profit oder Zukunft?“ Die hektisch anmutende Reaktion der INSM war daraufhin, dauerhaft zu beteuern, dass sie ganz klar für die Ziele von Paris sei und  noch stärker und energischer auf das internationale Emissionshandelssystem zu drängen.

Aufruf zur Demonstration “INSM bedroht Paris” von FFF Berlin; twitter

In Anbetracht von mittlerweile über 6.000 Lobbyisten in Berlin (bei 709 Bundestagsabgeordneten) und ca. 30.000 Lobbyisten in Brüssel ist der Emissionszertifikatehandel jedoch der leichteste Weg, durch direkten Zugriff auf die Ausgestaltung von Gesetzen, eine – nur in der lobby- und betrugsfreien Theoriewelt der Ökonomen existierende Klimawirksamkeit – wegzulobbyieren und konkrete ökonomische Folgen für fossile Konzerne zu verhindern. Außerdem wird das Tempo einer Energie- oder Verkehrswende von den größten CO2-Emittenten und Finanzakteuren bestimmt. Eine Beschleunigung des Tempos durch die Bürger wie bei der Mitmach-Energiewende durch das EEG ist nicht möglich.

Fossile Konzerne können sich somit verhalten wie bisher, bzw. wie seit Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, als Wissenschaftler bereits erstmals vor dem Klimawandel und dessen Folgen warnten und zum Umsteuern aufforderten.

Klimaschutz verzögern, Energiewende ausbremsen!

Wird die INSM-Themenkampagne „Klimaschutz“ so ablaufen wie vorherige Themenkampagnen und in einer Kopie der INSM, bzw. Konzern-Vorschläge als Gesetzesvorlage für die Bundestagsabgeordneten enden? Nachfolgend sind die typischen Phasen von INSM-Themenkampagnen aufgezeigt:

PHASE 1: Klimaschutz zum Thema machen (agenda setting). Betonen des gewünschten Dialogs mit Fridays for future, Inhalte der Gegenseite werden noch weitgehend neutral wiedergegeben, ausgesuchte Personen (z.B. Luisa Neubauer) zunächst noch mit eingebunden, gleichzeitiges Säen erster Zweifel, am Rande Diskreditieren ausgesuchter Akteure (Rezo und YouTuber), Ängste schüren beim kleinen Mann über explodierende Preise mit gleichzeitiger Abstimmungsmöglichkeit in der BILD.

PHASE 2: Langsam die öffentliche Meinung in Salamitaktik scheibchenweise in die eigene Richtung drehen. Dafür sorgen, dass Ursprungsforderungen von Fridays for future (Kohleausstieg bis 2030, Streichen fossiler Subventionen, Umstieg zu 100% Erneuerbare Energien bis 2035, sofort Abschalten von 25% der Kohlekraftwerke) aus der Debatte gedrängt werden.  Verkürzen der Diskussion auf zwei Antipoden: „CO2- Steuer oder Emissionshandel“. Vorstellen der INSM-Agenda (Emissionshandel, bzw. „CO2-Deckel“) für Klimaschutz durch wirtschaftsnahe Professoren. Dafür sorgen, dass mehr und mehr nur noch Argumente und Vorschläge der INSM medial aufgegriffen werden. Emissionshandel („CO2-Deckel“) statt Energiewende und Verkehrswende. Milliardengeschäfte für Finanzakteure statt Streichen fossiler Subventionen und Bürgerenergie. Ggf. kommt auch wieder Atomenergie ins Spiel, Hans-Werner Sinn als “prominenter Kopf” der INSM u.a. argumentieren bereits in diese Richtung. Gleichzeitig Zweifel an der Klimadebatte verstärken über „prominente Köpfe“ der INSM und Wirtschaftsrat der CDU.

PHASE 3: Tagungen und Veranstaltungen der INSM. Gemeinsame Veranstaltungen mit der WELT oder FAZ. Studien und Meinungsumfragen werden veröffentlicht, die den Emissionshandel bevorzugen. Experten von wirtschaftsfinanzierten Instituten fordern als ausschließliches Klima-Instrument den Emissionshandel. Bashing gegen Befürworter von EEG, Mitmach-Energiewende, Verkehrswende, CO2-Steuer. Banker drängen auf die Durchsetzung ihres zusätzlichen lukrativen Geschäftsmodells. Gleichzeitig intensive Bemühungen der INSM, den ausgesuchten Politikern von CDU, SPD, FDP, (evtl. auch ausgesuchte GRÜNE?) den INSM-Lösungsvorschlag Emissionshandel als Gesetzesvorlage schmackhaft zu machen. Die von der INSM eingebundenen Politiker von CDU, SPD, FDP (ggf. auch vereinzelte Grüne?) überzeugen weitere Parteikollegen. Parallel massive direkte Einflussnahme von Unternehmen (z.B. RWE, e.on, Vattenfall, Daimler, VW, Lufthansa u.a.) und Wirtschaftsverbänden (BDEW, BDI, VDA, BDL, Bankenverband u.a.) auf Wirtschaftsministerium und Kanzleramt.

PHASE 4: Altmaier bzw. Kabinett formuliert Gesetz NUR zu Emissionshandel und Beenden des EEG, das den INSM-Forderungen bzw. der von Klimaschutz besonders betroffenen Großunternehmen entspricht. Keine Forderung der FFF-Bewegung wurde umgesetzt. Kein Streichen fossiler Subventionen, kein radikal schneller Umstieg auf 100% erneuerbare Energien bis 2035, kein Kohleausstieg bis 2030, kein sofortiges Abschalten von 25% Kohlekraftwerke, keine CO2-Steuer, keine Verkehrswende hin zu mehr ÖPNV.

Die INSM feiert ihren Erfolg des Klimapakets

PHASE 5: Nach dem Erfolg der Durchsetzung des Emissionshandels und Gefährdung des EEGs wird von der INSM der positive Fokus auf die Klimabewegung und deren Forderung nach Klimaschutz nicht mehr benötigt. Es folgt analog des ab 2012 erfolgten Ausbremsens der Bürgerenergie die Bezahlbarkeits-Kampagne, um die Höhe des Zertifikatpreises für die betroffenen Unternehmen in Grenzen zu halten. Die soziale Frage wird dafür verwendet, ökonomische Interessen der Wirtschaft durchzusetzen (dabei bleibt völlig unerwähnt. dass es insbesondere die INSM war, die für die sozialen Probleme für eine wachsende Anzahl an Menschen erst gesorgt hat!).

Parallel finden im Dauertakt Gespräche zwischen Konzern-Lobbyisten und Wirtschaftsverbänden mit Wirtschaftsministerium/Kanzleramt statt, um den erbrachten Gesetzesvorschlag zu beeinflussen und abzuschwächen. Als Ergebnis bleibt der Zertifikatepreis trotz Nachverhandlungen durch Bundesrat und Vermittlungsausschuss so niedrig, dass er für RWE u.a. ökonomisch schmerzfrei bleibt und für das Klima unwirksam. Die Preishöhe endet als Punktlandung da, wo er zuvor von Wirtschaftslobbyisten mit Altmaier und Kanzleramt ausgehandelt wurde. Vermutlich in der Höhe, wie er vor dem Klimapaket im Emissionshandelssystem bereits war.

Um die Protestbewegung umzulenken und zu beruhigen und zugleich die große Zustimmung in der Bevölkerung zur Schülerbewegung nach und nach ins Gegenteil zu verdrehen, werden zum wiederholten Mal sämtliche Instrumente des indirekten Lobbyings angewandt. Diese waren sowohl in der Vergangenheit als auch beim Forcieren zu aktuellen Beschlüssen der Gegenwart höchst erfolgreich.

Mittels “negative campaigning” wird die Fridays for future Bewegung und Greta Thunberg zunehmend in den der INSM nahestehenden Leitmedien diskreditiert. Die PR-strategische Umarmung von Lobbyagenturen der Zielgruppe Schüler und Studenten findet auch über YouTube und Influencer statt, um den Fokus auf Emissionshandel und CO2-Preis zu bekräftigen und Diskussionen zu Streichen fossiler Subventionen, Kohleausstieg 2030, sofortigem Abschalten von 25% der Kohlekraftwerke und 100% Erneuerbare Energien bis spätestens 2035 durch Bürgerenergiewende und repariertes, hürdenfreies EEG auszuschließen. Aktivisten der Bewegung, die die größte Reichweitenstärke aufweisen, werden über angebotene Kolummnen in Zeitungen, die INSM-Anzeigenpartner sind, lobbystrategisch umarmt und eingebunden.

Ggf. wird auch wieder das Lobby-Instrument “astroturfing” angewandt: Gegenbewegungen im Internet oder realem Leben für die Freiheit des motorisierten Individualverkehrs o.a. Parallel dazu werden von den Lobby-think-tanks am laufenden Band Meinungsumfragen initiiert und veröffentlicht, die die schwindende Zustimmung zur Klimabewegung innerhalb der Bevölkerung belegen sollen.

Finale: Trotz weiterhin anhaltender Proteste in der Bevölkerung, Debatten im Bundestag und Bundesrat wird der Kabinettsvorschlag mit nur leichten Veränderungen von der GroKo abgenickt.

Sollte es wieder mal so enden, wird die Fridays-for-future-Bewegung nachhaltig geprägt und politisch sozialisiert werden. So, wie es schon Generationen vor ihr wurden durch ihre Erfahrungen mit Brokdorf, Friedensbewegung, Startbahn, Wackersdorf, Agenda 2010, Laufzeitverlängerung veralteter Atomkraftwerke, Occupy-Bewegung, Freihandelsabkommen, Bürgerenergie, Artikel 13 oder vielem mehr.

Und dann wird es ein paar Jahre später, wenn festgestellt wurde, dass die Treibhausgasemissionen trotz des vermeintlichen Wundermittels Emissionshandel weiterhin stark angestiegen sind, vielleicht eine Bewegung geben, die an den eigentlichen Kern des Problems unserer Demokratie herangeht. Das Rezo in seinem Video übersehen hat und Ursache sämtlicher Themenbereiche ist, die er angerissen hat. Das eklatante Machtungleichgewicht zwischen Zivilgesellschaft und Konzern-Lobbyismus. Dass aus unserer Demokratie eine Lobbykratie geworden ist, in der es nahezu ausgeschlossen ist, Mehrheitsinteressen und Bedürfnisse einer überwältigenden Mehrheit gegen die Kapitalinteressen einer sehr vermögenden Minderheit durchzusetzen.

Vielleicht wird es wieder Pappschilder vieler junger Menschen geben. Mit drastischen, wilden Worten, wie es eben für Jugendliche typisch ist:

Demokratie statt Lobbykratie!
Machtungleichgewicht beenden!
Transparenz statt Meinungsmache!
Stoppt die Meinungsmanipulation durch die INSM!
Stoppt die Demokratiegefährdung durch Konzern-Lobbyismus!

Dazu, lieber Rezo, darfst du auch gerne wieder ein Video erstellen. Und ich ende mit Rezos Worten ab min 54:01 in leicht geänderter Form:

„Wir haben alle Kinder und Enkelkinder, die wir über diese Hintergründe informieren können. Wir können sie bitten und anflehen, nicht auf diese Lobbymethoden hereinzufallen und sich über die Hintergründe zu informieren und sich dagegen aufzulehnen. Damit auch noch ihre Enkel und Urenkel in einer demokratischen, gerechten Welt leben können. Wir können unsere Kinder und Enkelkinder aufklären. Wenn sie diesen Text lesen, werden sie verstehen, woran es liegt, dass die letzten Jahrzehnte so wenig gehandelt wurde und stattdessen nur geredet. Sie können die Themen ihrer Bewegung ausweiten. Denn Eltern und Großeltern ist nichts im Herzen wichtiger als sicherzustellen, dass ihre Kinder und Enkel in einer demokratischen, gerechten, friedlichen Welt leben und kein beschissenes Leben haben.“

Die Sonnenstrategie

Schon in den letzten Jahren habe ich die Urlaubszeit immer mal wieder dazu benutzt, mit etwas Abstand auf unser großes Thema „Energiewende“ zu blicken oder, wie man es aus meiner Sicht besser nennen sollte: „Der Bürgerenergiewende“. Ich halte es mittlerweile für geboten, auf solche sprachlichen Kleinigkeiten sehr genau zu achten, denn wer wie ich die Entwicklung dieses Transformationsprozesses schon über einen sehr langen Zeitraum verfolgt, dem bleibt nicht verborgen, dass sich die ursprünglichen Intentionen einer solchen Bewegung, wie der Energiewendebewegung, durchaus verändern können oder besser gesagt, wie diese auch gezielt von außen verändert werden. Der Artikel ist extrem lang geworden und für Lesemuffel eher ungeeignet, ich weiß … , doch die Fülle der derzeit diskutierten Themen macht es einfach notwendig in die vielen Ecken der Debatte hineinzuleuchten und es juckt in den Fingern, mal ein persönliches Statement dazu abzugeben. Los geht’s… Continue reading “Die Sonnenstrategie”